Presse Investigativ ·
Staatsanwaltschaft darf Raiffeisen-Unterlagen nicht auswerten
«Razzia gegen Inside Paradeplatz.» So titelte Infosperber vor fünf Wochen. Damals durchsuchte die Staatsanwaltschaft die «Inside-Paradeplatz»-Büroräume in Zürcher Schiffbau und die Wohnung des Journalisten Lukas Hässig. Sie beschlagnahmten Laptop, Handy und Papiere.
Der Hintergrund: Hässig hatte seinerzeit die Causa Pierin Vincenz aufgedeckt – die umstrittenen Deals des Ex-Raiffeisen-Chefs mit seinem Vertrauten Beat Stocker. Die Staatsanwaltschaft eröffnete ein Strafverfahren gegen Hässig und «Inside Paradeplatz». Der Verdacht: Verletzung des Bankgeheimnisses.
Lukas Hässig liess bei der Durchsuchung die beschlagnahmten Gegenstände versiegeln. Und dabei bleibt es. Denn das Zwangsmassnahmen-Gericht entschied, dass die Staatsanwaltschaft das Material nicht auswerten dürfe. Es bestehe «kein auch nur ansatzweise hinreichender Tatverdacht» für einen derart weitreichenden Eingriff wie eine Razzia und die Sicherstellungen, schreibt die Richterin.
Sie wird grundsätzlich und hält fest: Die Medienfreiheit werde «durch die Bundesverfassung und die Europäische Menschenrechts-Konvention geschützt.» Und weiter: «Diese Garantien ermöglichen einen Informationsfluss, der für die demokratische Auseinandersetzung der Gesellschaft erforderlich ist.» Sie verweist auch auf ein Bundesgerichtsurteil, wonach «die Medien Missstände im Staat und in der Gesellschaft ungehindert aufdecken sollen».
Die Razzia gegen «Inside Paradeplatz» sind eine Folge einer Gesetzesverschärfung zum Bankgeheimnis vor zehn Jahren. Seither können auch Leute, die mit einer Bank nichts zu tun haben, wegen einer Bankgeheimnisverletzung verurteilt werden. Zum Beispiel Journalisten. Das ist sehr problematisch. Denn das Gesetz erlaubt den Journalisten, die Identität ihrer Informanten geheim zu halten, also ihre Quelle zu schützen.
Die Richterin schreibt zur Gesetzesverschärfung, welche den Quellenschutz faktisch aufhebt: «Eine solche Ausnahme des Quellenschutzes bei Medienschaffenden kann jedoch nach hiesiger Ansicht nicht absolut verstanden werden, weshalb sich ausnahmsweise eine Auslegung der Gesetzesnorm entgegen dem Wortlaut rechtfertigt und eine Interessenabwägung vorgenommen werden muss.»
Was überwiegt nun? Eine allfällige Bankgeheimnisverletzung oder die Information der Öffentlichkeit über den Fall Vincenz/Stocker? Für die Richterin ist der Fall klar: «Mit seiner Publikation hat der (IP-Journalist) somit im Sinne der Gesellschaft gehandelt und seine Aufgabe als investigativer Medienschaffender, mithin die Aufdeckung von möglichen Gesetzesverstössen sowie die ihm dabei obliegende Informationspflicht, wahrgenommen.»
Und: «Davon auszugehen, dass eine Strafverfolgung und allfällige Bestrafung (von Lukas Hässig, die Red.) aufgrund einer (derzeit noch völlig unbelegten) Bankgeheimnisverletzung höher oder vorrangiger zu werten sei als seine pflichtbewusste Berufsausübung, mithin die berechtigte Information der Öffentlichkeit über mutmasslich weitreichende Gesetzesverstösse in der Finanzwelt, wäre nach Einschätzung des hiesigen Zwangsmassnahmengerichts, welches die Achtung des Quellenschutzes in einem funktionierenden Rechtsstaat als unerlässlich hält, offenkundig falsch.»
«Viele halten das für einen Witz»
Marcus Hebein, Chefredaktor der Zeitschrift «Schweizer Journalist:in», kommentierte die Razzia bei «Inside Paradeplatz» und Lukas Hässig so: «In Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen in Deutschland und Österreich merke ich immer wieder: Die Auswirkungen des Schweizer Bankengesetzes halten viele schlicht für einen Witz – wären sie nicht so gefährlich. Dass Journalisten in der Schweiz wegen geleakter Bankdaten kriminalisiert werden können, ist international schwer nachvollziehbar. Tatsächlich macht sich das Land mit dieser Gesetzgebung lächerlich – auch wenn den betroffenen Journalistinnen und Journalisten kaum zum Lachen zumute sein dürfte. Es wäre höchste Zeit, dass die Verleger mit Nachdruck gegen dieses absurde Gesetz mobilisieren. Bisher aber sieht die Realität anders aus.»
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Selbstexperiment: Wir suchen Liebe | Impact Investigativ | SRF #shorts #Dating #Liebe #Scam
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👉 Was steckt wirklich dahinter?
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Worldline-Aktie crasht – und weckt böse Erinnerungen an Wirecard

Die Aktien des französischen Zahlungsabwicklers Worldline sind am Mittwoch um mehr als 40 Prozent eingebrochen. Der dramatische Kurssturz folgte auf die Veröffentlichung einer investigativen Artikelserie mit dem Titel „Dirty Payments“, die dem Unternehmen fragwürdige Praktiken und „Schmuddelgeschäfte“ vorwirft.
Millionen-Umsatz mit Dating 💰 | Impact Investigativ | SRF #shorts #Dating #Liebe #Scam
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Scam statt grosse Liebe | Impact Investigativ | SRF #shorts #Dating #Liebe #Scam
👉 SRF Investigativ deckt ein Firmennetz auf, das von der Schweiz aus Singles in ganz Europa abzockt. Und mit der Sehnsucht nach Liebe Millionen macht. Der Selbstversuch zeigt: Statt echten Kontakten und sinnlichen Dates finden wir Abofallen und Fake-Profile.
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Dating-Scam – So nehmen Schweizer Firmen Singles aus | Impact Investigativ | SRF
SRF Investigativ deckt ein Firmennetz auf, das von der Schweiz aus Singles in ganz Europa abzockt. Und mit der Sehnsucht nach Liebe Millionen macht. Der Selbstversuch zeigt: Statt echten Kontakten und sinnlichen Dates finden wir Abofallen und Fake-Profile.
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Darum geht’s in der Reportage:
00:00 Intro
00:55 Millionen-Umsatz mit Dating💰
04:49 Selbstversuch: Wir suchen die grosse Liebe
05:51 Abgezockte Singles packen aus 💬
09:32 Verloren in der Abofalle
12:23 Beschwerden aus ganz Europa
13:03 Wir konfrontieren die Dating-Firmen
16:59 Wieso greifen die Behörden nicht ein?
18:37 Fette Margen für den Zahlungsdienstleister
21:46 Wrap-up
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▪️ Produktion: Nadine Woodtli
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▪️ Distribution: Karin Appenzeller, Ronja Oppiller
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Im Auftrag von ©2025 SRF
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Melonis Überwachungsskandal weitet sich aus
psi. Dieser Beitrag erschien auf netzpolitik.org (Creative Commons-Lizenz BY-NC-SA 4.0). Das Non-Profit-Medium wird hauptsächlich durch Leserspenden finanziert.
Der Hacking-Skandal der Meloni-Regierung in Italien weitet sich aus. Laut IT-Forscher:innen des kanadischen Citizen Lab wurden die Geräte von zwei weiteren Journalisten «mit hoher Sicherheit» durch die Spionagesoftware «Graphite» angegriffen. Die Software stammt von der US-israelischen Firma Paragon Solutions.
Italien hatte den Einsatz der Software gegen zwei Aktivist:innen zuletzt in einem parlamentarischen Ausschuss (PDF) eingeräumt. Laut einem Bericht des Guardian habe der Ausschuss allerdings nicht feststellen können, wer hinter der Attacke auf den Investigativjournalisten Francesco Cancellato steckt. Seine Nachrichtenseite namens Fanpage.it berichtet immer wieder kritisch über die Meloni-Regierung.
Auch im neuen Fall, den das Citizen Lab nun aufgedeckt hat, ist mit Ciro Pellegrino ein weiterer investigativer Journalist von Fanpage.it ins Visier der Angreifer geraten. Zudem ist laut Citizen Lab ein «prominenter europäischer Journalist» betroffen; er möchte allerdings anonym bleiben. Beide wurden laut den Sicherheitsforscher:innen vom selben Paragon-Betreiber attackiert.
Die Meloni-Regierung reagierte nicht auf eine Anfrage des Guardian, wer hinter den Angriffen stecke.
Italien will offenbar keine Aufklärung
Das Hacking-Unternehmen Paragon hatte zuletzt gegenüber der israelischen Zeitung Haaretz kritisiert, dass die italienische Regierung das Angebot des Unternehmens zur Aufklärung des Falles abgelehnt habe. «Das Unternehmen hat sowohl der italienischen Regierung als auch dem Parlament eine Möglichkeit angeboten, um festzustellen, ob sein System unter Verstoss gegen italienisches Recht und die Vertragsbedingungen gegen den Journalisten eingesetzt wurde», heisst es in der Erklärung gegenüber Haaretz. Da die italienischen Behörden sich gegen diese Lösung entschieden hätten, habe Paragon seine Verträge in Italien gekündigt.
Dem US-Magazin TechCrunch zufolge ist das ein ungewöhnlicher Vorgang: Zum ersten Mal habe ein Anbieter von Spionagesoftware öffentlich bekannt gegeben, sich nach Berichten über missbräuchlichen Einsatz von einem bestimmten Kunden zu trennen. Paragon Solutions, das auch mit der umstrittenen US-Grenz- und Zollbehörde ICE zusammenarbeitet, versucht sich offenbar als verantwortungsbewusster Player in der Branche zu positionieren.
Laut einem Guardian-Bericht soll Paragon Solutions schon im Februar den Vertrag mit der italienischen Regierung gekündigt haben, nachdem Journalisten und Aktivist:innen attackiert wurden. Dem parlamentarischen Ausschuss zufolge sei die Software in den Jahren 2023 und 2024 unter bestimmten Umständen und mit Genehmigung eines Staatsanwalts eingesetzt worden. Als Gründe für den Einsatz galten demnach die Suche nach Flüchtigen, Ermittlungen zu Terrorismus, organisierter Kriminalität, Kraftstoffschmuggel und Spionageabwehr. Die Aktivist:innen habe man wegen «irregulärer Migration» überwacht, nicht wegen ihres Einsatzes für Menschenrechte.
Amnesty International: «Gefährliches Signal»
Die internationale Organisation für digitale Freiheitsrechte, Access Now, fordert: Paragon Solutions solle untersuchen und offenlegen, wer den Journalisten Francesco Cancellato ins Visier genommen hat. Die italienische Regierung solle alle internen Unterlagen zu den bestätigten Fällen freigeben. Journalist:innen sollten gemäss EU-Gesetzen geschützt werden; Spionagesoftware sollte nicht gegen Akteur:innen der Zivilgesellschaft eingesetzt werden.
Auch die Organisation für Menschenrechte, Amnesty International, hat sich zu Wort gemeldet. Sie fordert die italienischen Behörden dazu auf, alle Details der gezielten Operationen offenzulegen und den Opfern Wege zur Wiedergutmachung zu ebnen. «Wenn Regierungen nicht angemessen auf glaubwürdige Vorwürfe von Überwachungsmissbrauch reagieren, senden sie ein gefährliches Signal, dass Straflosigkeit die Norm ist.»
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Westlicher Abfall vergiftet weiterhin arme Länder im Süden
Unter dem Vorwand von «Recycling» und «Umweltschutz» treiben reiche Länder ihren Abfall-Export weiter. Den «Müll-Imperialismus» hatte der kenianische Präsident Daniel arap Moi schon im Jahr 1988 angeprangert. Im Jahr 1992 kam es zum Basler Übereinkommen, das den Export von gefährlichem Abfall aus Industrieländern in Entwicklungsländer verbietet. Von den grossen Staaten machten nur die USA nicht mit.
Doch das Abkommen erwies sich als Papiertiger. Einige Kritiker nannten es eine «PR-Beruhigungspille». Jedenfalls ging und geht der problematische Müllexport aus westlichen Industrieländern in ärmere Regionen der Welt ohne Aufsehen weiter. Abfall wird illegal entsorgt, als heisse Ware verschifft, verkauft und weiterverkauft sowie von einem Land ins andere geschmuggelt.
Der preisgekrönte Journalist Alexander Clapp hat die Spuren des Abfalls zwei Jahre lang verfolgt und im September 2025 das Buch «Der Krieg um unseren Müll – Abgründe eines globalen Milliardengeschäfts» veröffentlicht. Sein Fazit: «Unser Müll hat in den letzten vierzig Jahren eine weltumspannende, milliardenschwere Wirtschaft hervorgebracht – oft mit verheerenden Folgen für die ärmsten Länder der Welt.»
Während die moralische Verwerflichkeit des Abfallexports früher weitgehend anerkannt war, werde heute der meiste Abfall unter dem Vorwand des Recyclings und Umweltschutzes exportiert. Der Grossteil des Abfalls werde noch immer in Ländern entsorgt, die nicht über die nötigen Kapazitäten zur sicheren Verarbeitung verfügen.

Konkrete Beispiele und Folgen
Alexander Clapp schildert eindrückliche Beispiele aus verschiedenen Ländern:
- In Accra, Ghana, verbrennen junge Männer («Burner Boys») Elektronikschrott aus dem Westen, was zu gravierenden Gesundheitsschäden führt. Die WHO stellte fest, dass die Belastung mit giftigen Stoffen dort extrem hoch ist.
- Der globale Abfallhandel ist ein lukratives Geschäft, an dem auch das organisierte Verbrechen beteiligt ist.
- Plastikabfall stellt heute das grösste Problem dar: Er wird über weite Strecken transportiert, landet in Ländern wie Vietnam, den Philippinen, der Türkei, Kenia und Indonesien und verursacht dort massive Umwelt- und Gesundheitsprobleme. In Indonesien etwa wird importiertes Plastik als Brennstoff in Bäckereien verwendet, was hochgiftige Dämpfe freisetzt.
- In Kenia wurde zwar ein Plastiksackverbot erlassen, dennoch wird das Land weiterhin mit westlichem Plastikabfall überschwemmt, der oft in die Nahrungskette gelangt.
- In der Türkei und anderen Ländern wird europäischer Abfall illegal deponiert oder verbrannt.

Strukturelle Ursachen und Dimensionen
Der Abfallhandel ist trotz des Basler Abkommens weiterhin kaum geregelt. Praktisch jedes Unternehmen kann Müll exportieren und die finanziellen Anreize sind enorm. Das Volumen des Plastikmarkts sei mittlerweile grösser als der weltweite Handel mit Waffen, Holz oder Weizen zusammen, sagt Clapp. Vor allem die westlichen Staaten profitierten davon, ihren Müll loszuwerden und die Umweltbelastung unsichtbar zu machen.
Die Erzählung vom Recycling entspreche häufig nicht der Realität, stellt Clapp fest. Viele Produkte würden gar nicht recycelt, sondern landen als Schadstoffe in anderen Teilen der Welt.

Aus den Augen, aus dem Sinn
Der globale Abfallhandel sei eine Form von Verdrängung und eine Ungerechtigkeit. Die westlichen Länder würden nicht nur ihren Abfall exportieren, sondern auch die damit verbundenen Probleme und Gefahren.
Echte Lösungen sieht Clapp nicht am Horizont. Es sei zu viel Geld im Spiel und reiche Länder wollten die Verantwortung für den eigenen Abfall nicht übernehmen.
Clapp fordert mehr Ehrlichkeit im Umgang mit dem eigenen Konsum und den daraus resultierenden Abfallströmen. Das Sprichwort «Des einen Müll, ist des anderen Schatz» treffe in diesem Zusammenhang nicht zu. Vielmehr bleibe der Abfall eine globale Last.

Alexander Clapp: «Der Krieg um unseren Müll – Abründe eines globalen Milliardengeschäfts», S.Fischer-Verlag, 31.10 CHF / 26 Euro (E-Book 19 Euro).
Aus dem Verlagstext: «Eine investigative Reportage des preisgekrönten Journalisten Alexander Clapp. Mülldeponien auf der ganzen Welt sind überfüllt. Der Müll wird illegal entsorgt, als heisse Ware verschifft, verkauft und weiterverkauft. So reist unser Abfall über mehrere Jahre Tausende von Kilometern. Alexander Clapp verbrachte zwei Jahre damit, den Spuren unseres Mülls auf fünf Kontinenten zu folgen. Er enthüllt eine katastrophale Realität»
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Hanspeter Guggenbühl und Urs P. Gasche: «Schluss mit dem Wachstumswahn – Plädoyer für eine Umkehr», Rüegger Verlag, 2010, 16.80 CHF, ca. 10 Euro (gebraucht), 15.50 Euro (Kindle). Die Autoren berichteten bereits vor 15 Jahren über den Müllexport nach Afrika und Indien.
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Infosperber-DOSSIER:
Afrika und das Meer als Mülleimer
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Aufgebauschter «Geheimdienst-Krimi» in der Rundschau
«Ein wirklicher Krimi mitten im Schweizer Geheimdienst», kündete die Rundschau an. Das Recherche-Team des Schweizer Fernsehens «SRF Impact Investigativ» berichtete am 4. Juni, dass «hochsensible Daten» aus der Schweiz an den russischen Geheimdienst geflossen sein könnten. «Möglicherweise», heisst es. Sogar wahrscheinlich, vermutet man. Beweise sind schwierig bis unmöglich, denn bei Geheimdiensten ist, wie der Name sagt, das Meiste stets geheim. Im Bericht der Rundschau kommen denn auch auffällig häufig Begriffe vor wie «sollen», «soll», «offenbar», «seien», «dürften», «im Verdacht», «wenn».
Cyberspezialisten des Schweizer Nachrichtendienstes NDB haben seit langem mit der russischen Firma Kaspersky zusammengearbeitet, welche Software für den Schutz vor Computerviren und Hackerangriffen entwickelt. Die vom Russen Jewgeni Kaspersky und seiner Frau Natalja 1997 gegründete Holding Kaspersky Lab Limited (KLL) hat ihren Sitz in London. Das international tätige Unternehmen gehört zu den vier grössten Anbietern für Cybersicherheit und hat Niederlassungen in den meisten europäischen Ländern sowie in USA, China und Japan. Kaspersky arbeitet seit langem weltweit mit staatlichen Stellen zusammen, unter anderem mit Interpol. Das Virenschutzprogramm von Kaspersky ist eines der am meisten verbreiteten, auch in der Schweiz.
Das «SRF Impact Investigativ»-Team gibt nun an, es habe mit seinen Recherchen einen «Geheimdienstskandal» aufgedeckt, denn hinter Kaspersky würden russische Geheimdienste vermutet. Die Vorgänge liegen allerdings einige Jahre zurück, werden aber nun mit höchstem Sirenenalarm wieder aufgewärmt. In den Jahren 2015 bis 2020 hatte der Schweizer Geheimdienst NDB nach eigenen Angaben einen Austausch mit der Firma Kaspersky gepflegt.
Laut Rundschau sollen «befreundete Geheimdienste» die Schweiz seit 2018 mehrmals gewarnt haben, ein Cyberspezialist des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) habe gefährlich enge Kontakte mit russischen Organisationen. Er habe sogar klassifizierte Unterlagen weitergegeben. Die Medien berichteten mit grossen Schlagzeilen. Der Mann wurde daraufhin suspendiert. Ob er eine Straftat begangen hat, ist unbekannt. Hingegen gab es interne Untersuchungen beim Schweizer NDB, aus denen das Recherche-Team nun ausführlich zitiert.
«Befreundete Geheimdienste» hätten Druck gemacht: Die Schweiz solle jegliche Zusammenarbeit mit Kaspersky beenden. Sie würden drohen, wie die Rundschau im Katastrophen-Tonfall warnt, die Zusammenarbeit mit der Schweiz einzustellen, falls Bern nicht pariert.
Es bedarf keiner investigativen Anstrengungen, um zu sehen, wer die «befreundeten Geheimdienst-Partner» sind, die der Schweiz mit dem Ende der Freundschaft drohen. In den USA wurde Regierungsstellen unter der ersten Amtszeit von Donald Trump die Zusammenarbeit mit Kaspersky untersagt. Konzerne wie Google halten sich nur bedingt an das Verbot, denn Kaspersky zählt weltweit zu den Besten in der Branche. Die Firma hat bahnbrechende Software für die Abwehr von Cyberangriffen entwickelt und wurde von westlichen Behörden und Privatunternehmen dafür immer wieder gelobt. 2018 verlegte Kaspersky zwei Rechenzentren nach Zürich, wo das operative Geschäft stattfindet, das die Schweiz betrifft.
Der Nachrichtendienst des Bundes tut mit Kaspersky nichts anderes als das, was er mit zahlreichen anderen ähnlichen Firmen weltweit auch macht, um mehr über die technischen Möglichkeiten von Hackern zu lernen und die Cybersicherheit in der Schweiz zu verbessern.
Der Schweizer NDB selbst gibt laut Rundschau an, dass er «erlangte Informationen an private Unternehmen (z.B. Cybersicherheitsfirmen) weiterleitet, um bei anderer Gelegenheit von diesen ebenfalls nachrichtendienstlich wertvolle Informationen zu erhalten». Business as usual also.
Dass die Schweiz – Neutralität hin oder her – militärisch eng mit Israel zusammenarbeitet, zum Beispiel bei der Entwicklung von Raketen-Lenksystemen und Drohnen, scheint niemanden zu stören. Denn Mossad und Schin Bet zählen wohl ebenfalls zu den Freunden.
«SRF Impact Investigativ» befragt einen Geheimdienst-Experten in London, welcher der Oppositionsgruppe des verstorbenen Alexej Nawalny angehört. Dieser sagt, die Schweiz müsse endlich begreifen, dass sie «von Russland nicht als neutral angesehen wird». Das ist nun wiederum nichts Neues. Die Schweiz wird in Moskau offiziell dem feindlichen Lager zugerechnet, seit sie dem Druck aus Washington und Brüssel nachgegeben und die schärfsten Sanktionen beschlossen hat, um «Russland zu ruinieren» (wie es die ehemalige deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock verordnete). Die Umarmungen des Schweizer Aussenministers mit Selenskiy waren ein starkes Symbol.
Ausführlich zu Wort kommt im Bericht ausserdem der Diplomat Arndt Freytag von Loringhoven. Er war Vizepräsident des deutschen Bundesnachrichtendienstes und Geheimdienst-Koordinator der Nato. Der Mann redet lang und breit, hat aber nichts Konkreteres zu sagen als der andere Experte in London: Dass nämlich Russland «eine ernsthafte Bedrohung» darstelle und dass die ganze Sache, so sein Fazit, «besorgniserregend» sei.
Laut Rundschau ist die Sicherheitslücke so dramatisch, dass «Leben gefährdet werden könnte». Wessen Leben dies sein könnte, wird nicht ausgeführt. Verteidigungsminister Martin Pfister hat jedenfalls eine externe Administrativ-Untersuchung angeordnet.
Gegenüber dem Investigativ-Team erklärte der NDB: «Der NDB kommentiert keine geheimen Berichte gegenüber den Medien. Er bedauert, dass SRF durch eine Publikation zu Inhalten des Berichts potenziell weitreichende Auswirkungen auf die Arbeit des NDB zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz bewusst in Kauf nimmt. Das SRF wurde auf diese Risiken – unter anderem auch die allfällige Gefahr der konkreten Bedrohung für Leib und Leben von Personen – mehrfach hingewiesen.»
Die Schweizer Bundesanwaltschaft könnte ein Verfahren gegen «Unbekannt» eröffnen, aber im Justizdepartement herrscht Schweigen.
Was als «Russland-Affäre im Schweizer Geheimdienst» verkauft wird, war seit langem erwartbar. Seit der lange schwelende Ukraine-Konflikt mit dem Sturz der Regierung in Kiew, dem Aufstand im Donbas und der russischen Militärintervention in einen offenen Krieg überging, steht die «russische Bedrohung» an der Spitze im Sorgenbarometer der Nato-Staaten.
Die Firma Kaspersky bestreitet jede Abhängigkeit von den russischen Nachrichtendiensten GRU oder FSB. Ob das stimmt oder nicht, weiss man nicht. Es ist wenig zielführend, ein «Investigativ-Teams» auf das Thema anzusetzen. Denn man darf davon ausgehen, dass es wohl kein IT-Unternehmen dieser Grösse gibt, das nicht mit staatlichen Akteuren derselben Branche verkehrt.
Microsoft und Amazon zählen die US-Geheimdienste und das Pentagon zu ihren grössten Auftraggebern. Es war der US-Nachrichtendienst NSA, der weltweit Politiker überwachte und sogar das Telefon von Angela Merkel abhören liess. Die Frage danach, ob da vielleicht nach «sensible Daten abflossen», war war damals keine Investigativ-Anstrengung wert.
Wenn der Kreml das Schweizer Stromnetz lahmlegen oder die Computer von Bundesräten hacken wollte, würde er dies wahrscheinlich auch ohne Kaspersky tun können. Es geht in der «Russland-Affäre» nicht um konkrete Bedrohungen, sondern um Politik. Um Symbolpolitik.
Es geht um das Prinzip der «Kontaktschuld». Kontakt ist in dieser Sichtweise eine Straftat. Wer mit dem Feind redet, ist eine Bedrohung. Wer zuhört, was der Feind sagt, macht sich strafbar. Die EU hat den russischen Fernsehsender Russia Today verboten. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht hören und sehen, was die Agenten aus dem Reich des Bösen sagen.
Geheimdienstliche Tätigkeit entzieht sich per Definition einer demokratischen Transparenz. Was Leute im Geheimen treiben, ist nicht res publica. Es sind Machenschaften, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen, und Öffentlichkeit ist das Wesen der Demokratie.
Da können noch so viele Aufsichtsgremien der Exekutive und parlamentarische Kommissionen gebildet werden, die die Arbeit der Geheimdienste «kontrollieren» sollen. Wenn der Brei zu heiss ist, gibt es Möglichkeiten, um ihn herumzureden. Die parlamentarischen Kontroll-Organe erfahren erst Jahre später, was verbrochen wurde. Oder auch nicht, wenn zum Beispiel die Schweiz auf Anweisung des befreundeten CIA beizeiten ein paar Tonnen Material schreddert.
Weil viel spekuliert werden kann, ist das Thema «Spionage» für die Medien immer wieder attraktiv. Offensichtlich auch für das «SRF Impact Investigativ»-Team und die Rundschau. Kaum ein Thema ruft mehr Aufmerksamkeit beim Publikum ab. Nichts regt die Abenteuer-Phantasien der Leute mehr an als die dunklen Welten eines MI5 oder MI6, wo die tollkühnen 007 sich in Explosionen von hochauflösendem Bildrealismus ihrer Feinde entledigen. Da man aber auf dem weiten Feld der Spionage nichts Genaues wissen kann, fliessen fiktionale Kreation und belastbare Aussagen über die Wirklichkeit oft auf erstaunliche Weise ineinander. Es wird gemutmasst, erahnt, zusammengereimt, präsumiert, gewarnt und befürchtet. Der Spekulation sind keine Grenzen gesetzt.
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Befreundete Geheimdienste warnen die Schweiz | Impact Investigativ | SRF #shorts #SRFImpact
⚠️ Zwei befreundete ausländischen Geheimdienste schlugen Alarm: Es bestehe «die Gefahr, dass Leben gefährdet wären.»
👉 Wie reagierte der NDB auf die Warnungen?
#Geheimdienst #Schweiz #Spionageverdacht #SRFImpact
Hetzkampagnen aus Hanois Hinterhöfen
Das Video zeigt eine Wand voller kleiner Bildschirme, verkabelt, mit langsam wechselnden Anzeigen, als würde auf den Screens heruntergescrollt. Ein Rechercheteam von Arte wurde neugierig. Das Video führte die JournalistInnen nach Vietnam. Dort entdeckten sie eine ganze Industrie für die Manipulation von Plattformen wie Facebook oder Tiktok.
Gutes Geld für Nerds
Die Kernstücke des Geschäfts sind sogenannte «Phone-Farms». Dies sind Zusammenschlüsse dutzender Smartphones, die dadurch mit wenigen Klicks programmiert und ferngesteuert werden können. Für diese Maschinen kursieren in Vietnam Bausätze. Sie können aber auch von einem Tüftler fertig zusammengebaut gekauft werden. Ein britischer Fotograf veröffentlichte schon vor eineinhalb Jahren Bilder aus den kleinen, meist von jungen Vietnamesen betriebenen Geschäften.
Die Nerds verdienen gutes Geld und benutzen die Installationen, um auf Plattformen wie Tiktok, Facebook oder Youtube Interaktionen zu generieren: Likes, Comments oder Shares. So können bestimmte Meinungen in die Welt gesetzt, verbreitet und als besonders populär dargestellt werden – und dies mit wenigen Klicks.
Dafür braucht es gefälschte, aber möglichst authentisch erscheinende User-Profile. Das Arte-Team machte den Selbstversuch und demonstrierte so, wie einfach die automatisierte Kontrolle der Plattformen umgangen werden kann. Es fand heraus: In Vietnam existieren dutzende Websites, welche gefälschte Social-Media-Profile, sogenannte «clones», also «Klone», anbieten.
Diese Profile werden von den Plattformen nicht als gefälscht erkannt, weil sie das Verhalten echter User im Netz genügend gut imitiert haben. Gefälschter Datenverkehr von Smartphones wird besonders schlecht entlarvt. Diese sind durch Programme gesteuert, die ihnen vorgeben, welche Sites sie besuchen, welchen echten Usern sie folgen und welche Posts sie wie kommentieren, liken oder teilen sollen. Dieser «Trainingsverkehr», so wird im Beitrag geschätzt, macht heute etwa einen Drittel des weltweiten Datenverkehrs aus. Je länger diese «Bots» aktiv sind, je häufiger sie interagieren, desto echter erscheinen sie den Plattformen.
3000 Likes und 300 Kommentare für fünf Euro
Und dann können sie zum Einsatz kommen. Das Arte-Team kaufte auf einer vietnamesischen Website für fünf Euro 3000 Likes und 300 positive Kommentare für ein selbstgemachtes Video einer Katze. Die Kommentare musste es selbst liefern, aber auch dies geht mit ChatGPT im Handumdrehen. Dann übernahmen die Bots den Rest. Hunderte verschiedene falsche, aber genügend echt erscheinende User schrieben, wie süss die Katze sei, und likten das Video auf Youtube. 80 Prozent der gefälschten Kommentare rutschten durch die Kontrolle der Plattform.
Für dieses Geschäft brauchen die vietnamesischen Anbieter laufend neue User-Konten. Weil echte User-Konten am leichtesten durch die Kontrollen schlüpfen, existiert deshalb auch ein Geschäft mit gehackten Konten echter Menschen. Das Arte-Team zeigt, wie ein Hacker das Facebook-Konto einer französischen Komödiantin mit fast einer Million FollowerInnen in Beschlag nimmt und den Account anschliessend auf einem Telegram-Kanal versteigert – für über 900 Euro.
Politische Hetzkampagnen – automatisiert zum Discountpreis
Doch die Bots bedienen nicht nur private Eitelkeiten. Die Maschinen können auch für koordinierte politische Manipulationskampagnen zum Einsatz kommen. Im August 2024 verkündete der Meta-Konzern, dass er verschiedene Konten einer koordinierten Aktion aus Vietnam deaktivierte, die sich gegen Katar richtete. Damit sollte im Libanon, in Grossbritannien, Frankreich und den USA die öffentliche Meinung beeinflusst werden. Die Hetzkampagne warf Katar unter anderem vor, islamistischen Terror zu unterstützen und Europa vernichten zu wollen.
Und vor knapp einem Jahr deckten Recherchen des Bureau of Investigative Journalism eine Anti-Ukraine-Kampagne auf, die sich an linke und rechte WählerInnen in Grossbritannien richtete. Die Auftraggeber sassen in Nigeria und Serbien. Die Mehrheit der über 200’000 dafür benutzten Fake-Accounts stammte aus Vietnam. Auch eine Pro-Israel-Kampagne im Mai 2024, die auf User in den USA und in Kanada abzielte, ging ähnlich vor.
In Vietnam mag es ein offenes Geschäft dafür geben. Doch Berichte über Klickfarmen gibt es schon länger auch aus Ländern wie den USA. Und entsprechende Manipulationskampagnen finden auch in Europa statt. Letztes Jahr enthüllte der schwedische TV-Sender «TV4» mittels verdeckter Recherche, wie die nationalkonservativen Schwedendemokraten gefälschte Accounts benutzten, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Das Unterfangen wurde gar parteiintern «Trollfabrik» genannt (Infosperber berichtete).
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Gefährliches Leck im Schweizer Geheimdienst? | Impact Investigativ | SRF #shorts #SRFImpact
🔎 Demnach gab der NDB heikelste Daten an Kaspersky weiter. Ein gefährlicher Datenabfluss – denn die Informationen sollen bei russischen Geheimdiensten gelandet sein. Was bedeutet das Datenleck für die Schweiz?
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Russland-Affäre – Liess sich der Schweizer Geheimdienst ausspionieren? | Impact Investigativ | SRF
Demnach hat das Cyberteam des NDB von 2015 bis 2020 heikelste Daten an Kaspersky weitergegeben. Ein gefährlicher Datenabfluss – denn die Informationen sollen bei russischen Geheimdiensten gelandet sein. Zwei befreundete westliche Geheimdienste warnten die Schweiz mehrmals. Doch erst als sie drohten, die Zusammenarbeit mit der Schweiz einzustellen, reagierte der NDB. Mit welchen Daten wurde gedealt? Und was bedeutet das Datenleck für die Schweiz? SRF Impact Investigativ enthüllt eine Russland-Affäre im Schweizer Geheimdienst.
👉 Zum News-Artikel: https://www.srf.ch/news/schweiz/russland-affaere-im-ndb-liess-sich-der-schweizer-geheimdienst-von-russland-beeinflussen
Darum geht’s in der Reportage:
00:00 Intro
00:58 Gefährlicher Datenabfluss nach Russland
04:47 Was macht der Schweizer Geheimdienst? 🔐
06:23 Geheimbericht: Illegaler Datenhandel im NDB
08:24 Kaspersky: Spionage für Russland? 🇷🇺
16:58 Zusammenhänge mit Skripal-Fall?
21:16 ⚠️ Dringliche Warnungen von befreundeten Geheimdiensten
24:23 Was ist mit den Daten & Kontakten passiert?
26:41 Bundesrat leitet Untersuchung ein 🔎
29:30 Wrap-up
▪️ Redaktion SRF Impact Investigativ: Maj-Britt Horlacher, Conradin Zellweger
▪️ Produktion: Nadine Woodtli
▪️ Kamera: Moritz Hofstetter, Marcel Karp, David Merkofer
▪️ Schnitt: Noemi Carlen
▪️ Animation: Ida Künzle
▪️ Distribution: Karin Appenzeller, Ronja Oppiller
▪️ Leitung: Nina Blaser
Im Auftrag von ©2025 SRF
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🔔 JEDEN MITTWOCH UM 17.00 UHR EINE NEUE REPORTAGE
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Syriens Captagon-Schmuggel blüht weiter
Aufputschmittel gehören zum Krieg wie Waffen und Munition. Im Zweiten Weltkrieg zogen deutsche Soldaten mit Hilfe von Pervitin ins Feld. Im Syrienkrieg war es Captagon, das Kämpfer aller Kriegsparteien wachhielt. Seine Verbreitung im Nahen und Mittleren Osten brachte ihm die Bezeichnung «Dschihad-Droge» ein.
Die Assad-Familie finanzierte sich und das mit Sanktionen belegte Syrien über lange Zeit mit dem Handel von Captagon. Das Aufputschmittel brachte ungefähr 10 Milliarden Dollar pro Jahr ein – mehr Geld als jeder andere Wirtschaftszweig. Koordiniert wurden Herstellung und Handel von Baschar al-Assads Bruder Maher.
In Syrien weiter überall zu bekommen
Syriens neue Machthaber, die HTS (Haiat Tahrir al-Scham), kündigten an, mit aller Härte gegen Produktion und Schmuggel vorzugehen. Bereits im Dezember 2024, kurz nach Assads Sturz, verbrannte die HTS in Damaskus mehr als eine Million Captagon-Pillen. Sie beschlagnahmte die weissen Tabletten in Laboren und Lagerhallen in ganz Syrien.
Dennoch sei Captagon weiterhin überall zu bekommen, berichtet «Forbidden Stories» aus Syrien. In den Grenzregionen Daraa und Suweida an der jordanischen Grenze gehe der Schmuggel weiter. Die drusische Stadt Suweida liegt etwa 100 Kilometer von Damaskus entfernt. Wer als Journalist:in über Captagon berichtet, muss nach wie vor mit dem Schlimmsten rechnen.
Wer darüber berichtet, muss mit dem Schlimmsten rechnen
Wie Mahmoud al-Harbi, der im November 2023 erschossen wurde. Al-Harbi hatte für «Daraa 24» über die Verwicklungen einer lokalen Familie in den Captagon-Schmuggel berichtet. Keiner seiner ehemaligen Kollegen von «Daraa 24» veröffentlicht unter seinem eigenen Namen. Selbst den Chefredaktor trifft «Forbidden Stories», an das al-Harbi seine Recherchen weitergegeben hatte, nur unter Pseudonym.
«Der Captagonhandel ist dreimal grösser als die mexikanischen Kartelle», sagt «Mikad». Recherchen dazu seien für syrische Journalistinnen und Journalisten weiterhin tabu. Mahmoud Al-Harbis Mörder wurde zwar festgenommen und verurteilt, war nach wenigen Monaten aber bereits wieder frei. Medienschaffende, die für andere syrische Medien arbeiten, sagen, dass sie das Thema aus Angst vor Konsequenzen meiden.
«Vor dem Fall des Regimes musste ich für Captagon zehn Meter laufen. Jetzt sind es 20.»
Anonymer Drogendealer
Die Reporterinnen und Reporter von «Forbidden Stories» haben im Januar 2025 keine Probleme, Captagon-Pillen in einer Art Tankstellenshop in Suweida zu kaufen. Es habe sich nichts geändert, sagt der Verkäufer: «Vor dem Fall des Regimes musste ich für Captagon zehn Meter laufen. Jetzt sind es 20.» Auch in einem Café in Damaskus wird ihnen das Aufputschmittel angeboten.
Für die HTS ist Captagon «haram», also aus religiösen Gründen verboten. Das störte allerdings nicht einmal die Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats.
Die alten Netzwerke bestehen weiter
Die von der HTS Ende Dezember in Damaskus verbrannten Captagon-Pillen sind ein Bruchteil dessen, was im Nahen und Mittleren Osten konsumiert wird. Gegen Captagon vorzugehen ist deshalb gar nicht so einfach. Illegale Drogen schaffen ihr eigenes Wirtschaftsgefüge. Längst haben sich Netzwerke in der Herstellung und im Schmuggel von Captagon etabliert, die weit über Syriens Grenzen hinausreichen.

Neben der Assad-Regierung stellte auch die Opposition Captagon her und verkaufte es. Die Pillen mit dem Doppel-C-Logo werden weltweit gehandelt. Konsumiert werden sie vor allem im Nahen und Mittleren Osten. Captagon wirkt euphorisierend, aufputschend und dämpft das Hungergefühl. Es gilt nicht nur als Kriegsdroge, sondern auch als Kokain der kleinen Leute. Der Preis für regelmässige Konsumentinnen und Konsumenten sind Depressionen und Halluzinationen.
Im Lifestyle-Bereich angekommen
Der grösste Markt für Captagon ist Saudi-Arabien. Dort ist mit dem in den 1960er-Jahren vom deutschen Unternehmen Degussa erfundenen Wirkstoff Fenetyllin dasselbe passiert wie mit Pervitin: Nach dem Zweiten Weltkrieg machte die einstige «Panzerschokolade» erst als Dopingmittel und dann als Crystal Meth Karriere. Auch Captagon wurde zur Lifestyle-Droge.
Eine Captagon-Tablette kostet in den Golfstaaten etwa 20 Dollar. In Syrien sind es etwa 70 Cent – so viel wie ein Päckchen Zigaretten, fanden die Reporter:innen von «Forbidden Stories» heraus. In den vergangenen Jahren habe die saudische Regierung 600 Millionen Amphetaminpillen beschlagnahmt, schrieb die «Taz» schon 2022.
Produziert wird Captagon auch im Libanon unter der Regie der Hisbollah. 2023 wurden im Gazastreifen Captagon-Pillen beschlagnahmt. Nach unbestätigten Meldungen sollen sie nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 bei den Attentätern gefunden worden sein. Im März 2025 stellten irakische Behörden mehr als eine Tonne Captagon sicher, das aus der Türkei geschmuggelt worden war.
Drogen sind ein Sicherheitsrisiko – auch für einen Narco-Staat
Für die jetzigen Zustände sorgte zum Teil ausgerechnet Assad selbst. Drogen sind ein Sicherheitsrisiko. Wer sie herstellt und vertreibt, hat Geld und Macht. Jede Regierung, die das duldet oder nutzt, riskiert, die Kontrolle zu verlieren. Im letzten Jahr seiner Herrschaft zeigte das Assad-Regime deutlich mehr Härte gegen den Captagon-Handel. Kontrollen und Verhaftungen nahmen 2024 merklich zu, vermutlich als Reaktion auf Druck aus anderen arabischen Ländern, in denen die Droge zum Problem wurde.
In Folge wurden die Labors kleiner und mobiler. So könnten sie jetzt besser überleben, erklärte Carolin Rose, Leiterin des Bereichs «Verbrechen und Konflikte» beim New Lines Institute, gegenüber der «Deutschen Welle» (DW). Der US-Think-Tank verfolgt den Captagonhandel seit mehr als zehn Jahren.
«Altes» und «neues» Captagon
Bei vielen aktuellen Beschlagnahmungen handelt es sich um «altes» Captagon. In Syrien wird aber weiterhin produziert, das geht aus einem im März veröffentlichten Bericht hervor. Die HTS habe zwar guten Willen, aber gar nicht die Mittel, den Handel zu unterbinden. Es fehle an Personal, Überwachungstechnik, Zeit.
Und an Macht. Syriens neue Regierung bemüht sich, das Land zu stabilisieren. Lokale Machthaber vor den Kopf zu stossen, weil sie in den Captagonhandel verstrickt sind, kann sie sich kaum leisten. Milizen, die sich zur neuen Regierung bekannt haben, seien oft selbst verwickelt. In Suweida gingen sie nicht gegen die Droge an sich, sondern gegen die Dealer-Konkurrenz vor, sagt ein Einwohner zu «Forbidden Stories».
Und ein Volk in Armut ist anfällig für illegale Geschäfte. Falls es Syrien und Libanon nicht gelinge, ihre Länder in eine stabile Wirtschaft zu überführen, dann sei der derzeitige Produktionsrückgang nur ein Knick, sagt Hage Ali, stellvertretender Direktor am Carnegie Middle East Center, ebenfalls zur DW. Langfristig könne das gravierende Auswirkungen haben.
Der Captagon-Schmuggel hat sich 2024 noch ausgeweitet
Der Handel habe sich auf den Irak, die Türkei, Deutschland, Ägypten oder auch Kuwait ausgeweitet, sagt Rose. Gruppierungen ausserhalb Syriens wie die Hisbollah hätten an Einfluss gewonnen. Ausgangsstoffe für Captagon kämen auch vom Iran in den Irak und würden dort verarbeitet oder weitertransportiert.
Vor allem in den Grenzregionen ist die Lage schwierig. «Forbidden Stories» kann mit lokaler Hilfe Personen treffen, die am Captagon-Schmuggel beteiligt sind, aber kaum frei recherchieren. Der Lokaljournalist, der die Reporter herumführt, warnt jede Person, die mit Captagon zu tun hat, ihr Gesicht zu bedecken, um auf Fotos nicht erkannt zu werden. Die lokalen Clans tolerieren den Schmuggel und kennen die betreffenden Personen, auch wenn sie ihr Tun nicht immer gutheissen, berichten die Reporter.
Europäische Länder fürchten, zur Drehscheibe zu werden
Vor allem Saudi-Arabien hat Interesse daran, Herstellung und Handel einzudämmen. Das Aufputschmittel ist im Land jedoch weit verbreitet. Behandlungsmöglichkeiten für Süchtige gibt es im gesamten Nahen und Mittleren Osten kaum.
Und Captagon ist eine lohnende Ware. Die Herstellung von hundert Kilogramm Captagon kostet etwa 50’000 Euro, der Verkauf bringt Millionen. Nach dem Ende des Syrienkriegs befürchteten europäische Staaten, zur neuen Captagon-Drehscheibe zu werden. Wie weit sich Captagon bereits in Europa verbreitet hat, ist unklar. Deutschland sorgt sich schon länger, das zeigt ein Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht von 2023.
Laut «Tagesschau» wurden dort bis Oktober 2024 etwa 1,2 Tonnen Captagon sichergestellt. Das Dunkelfeld sei jedoch extrem gross, berichtete ein Beamter des Bundeskriminalamts. Schätzungsweise 90 Prozent des Markts gehe an den Behörden vorbei. In Europa werde hauptsächlich in den Niederlanden produziert. Aber auch im deutschen Regensburg wurde 2023 eine Produktionsstätte ausgehoben. Wie umfangreich der Konsum in Deutschland oder Europa ist, ist nicht bekannt.
Assads Erben stehen noch nicht fest
Wer das Assad-Regime als Captagon-Produzent beerbt, ist ebenfalls offen. Zu den potenziellen Interessenten gehöre neben der Hisbollah auch die Gruppe Wagner, die sich in der Vergangenheit am Schmuggel beteiligt haben soll, schreibt die Taz. Nordkorea, das Crystal Meth produziert, könnte in den Captagonhandel einsteigen. Hinweise, dass das Land am Schmuggel teilnimmt, gibt es bereits: 2004 wurden Mitarbeitende der nordkoreanischen Botschaft in Bulgarien mit 500’000 Captagon-Tabletten erwischt.
Weiterführende Informationen
- Forbidden Stories: Captagon Connection: Trafficking continues after Assad’s downfall
- Deutsche Welle am 30. März 2025: Syriens Drogenbosse machen weiter gute Geschäfte
- Taz im Dezember 2024: Wer übernimmt Assads Drogengeschäft?
- Tagesschau (D) im Oktober 2024: Das Milliardengeschäft Captagon
- Taz 2022: Drogenkonsum in Syrien und Libanon
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Nach Berichten über Gang-Deals: Bukele lässt Anwältin verhaften
Am späten Sonntagabend wurde in El Salvador die Anwältin Ruth López festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht. Dies berichtete unter anderen der britische «Guardian». López arbeitet für die NGO Cristosal. Dort leitet sie die Abteilung für Anti-Korruption und Gerechtigkeit und vertritt zahlreiche jüngst aus den USA nach El Salvador ausgeschaffte Venezolanerinnen und Venezolaner.
Gemäss dem salvadorianischen Chefankläger wird López der Veruntreuung staatlicher Gelder bezichtigt. Die Tat soll vor zehn Jahren stattgefunden haben, als sie für ein Gericht arbeitete. Sowohl Cristosal als auch López’ Familie stritten den Vorwurf ab und bezeichneten ihn als politisch motiviert. Ihre Angehörigen wussten zunächst nicht, wo López hingebracht wurde. Sie hat auch keinen Zugang zu einer Rechtsvertretung.
Dutzende Ausgeschaffte legal in USA eingereist
López ist eine offene Kritikerin von Präsident Nayib Bukele und hat dessen Massenverhaftung von 85’000 zumeist jungen Männern seit 2022 wiederholt scharf verurteilt. Bukele rechtfertigte die Festnahmen mit einem Ausnahmezustand und liess sie ohne ordentliche rechtsstaatliche Verfahren durchführen.
Derweil wurde bekannt, dass Dutzende von der Trump-Regierung nach El Salvador ausgeschaffte Venezolanerinnen und Venezolaner zuvor legal in die USA eingereist waren. Dies zeigte ein Bericht des libertären US-Think-Tanks Cato Institute am Montag. Viele der Ausgeschafften reisten ursprünglich als legale Flüchtlinge in die USA ein oder im Rahmen eines Bewährungsprogramms während Joe Bidens Amtszeit, das es ihnen erlaubte, vorerst zwei Jahre in den USA zu arbeiten.
Bukele und die Gangs
Unter den Ausgeschafften, so berichtete das Magazin «New Yorker», war auch mindestens ein Mitglied der kriminellen Vereinigung MS-13, welches gemäss Untersuchungen des US-Justizministeriums Aussagen über geheime Abkommen zwischen Bukele und MS-13 machen konnte. 2021 verhängten das US-Finanzdepartement gar Sanktionen gegen zwei Beamte der Bukele-Regierung wegen ihrer Mitwirkung an Verhandlungen mit Gangs. Derartige Abkommen, die ihm geholfen haben sollen, die Macht zu erlangen und zu konsolidieren, hat Bukele stets abgestritten. Unter Donald Trump stellen die USA für ihn ohnehin keine Bedrohung mehr dar.
Seit seinem Besuch im Weissen Haus vor einem Monat geht Bukele immer härter gegen Kritiker vor. So liess er zahlreiche Demonstrierende verhaften, die sich gegen sein autoritäres Vorgehen aussprachen. Zudem mussten vor wenigen Wochen sieben Journalisten des Investigativ-Mediums «El Faro» das Land verlassen, nachdem sie vor einer bevorstehenden Verhaftung gewarnt worden waren.
«El Faro» (siehe Video unten) hatte über Bukeles jahrelange Zusammenarbeit mit kriminellen Gangs berichtet. Gemäss Recherchen von CNN soll Bukeles Bruder den USA in einem E-Mail einen Rabatt für die Entgegennahme der Ausgeschafften geboten haben, wenn die USA im Gegenzug sieben hochrangige MS-13-Mitglieder ausliefern würden. Nelson Rauda Zablah, Journalist bei «El Faro», fragte deshalb: «Warum ist das Bukele-Regime so daran interessiert, diese Gang-Mitglieder zurückzuerhalten, wenn man diese selber zuvor in die USA gehen liess?»
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Nach SRF-Recherche: Grosse Sicherheitsfirma steht vor dem Aus
ClimeTech-Unicorn Climeworks steht vor Massenkündigungen
2022 noch zählten sie zu den ganz großen Stars des ClimateTech: Das Schweizer Unternehmen Climeworks, bekannt für seine Technologie zur Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre, wirkt drei Jahre später deutlich angeschlagen. Damals wurde Climeworks noch in einer stattlichen Finanzierungsrunde mit 650 Millionen Dollar ausgerüstet, um sein Direct Air Capture (DAC)-Verfahren (aka „CO2-Sauger“) weiterauszubauen.
Doch jetzt, so berichtet es SRF in der Schweiz, steht das Unternehmen vor einer umfangreichen Personalreduktion. Wie Climeworks mitteilte, läuft derzeit ein Konsultationsverfahren, das bei geplanten Entlassungen von mehr als 10 Prozent der Belegschaft gesetzlich vorgeschrieben ist. Schuld seien die derzeitigen Rahmenbedingungen. Nach unternehmensinternen Angaben werden die Entlassungen deutlich über der 10-Prozent-Marke liegen.
Trump-Effekt: „Geänderte politische Prioritäten“
„Angesichts der gegenwärtigen makroökonomischen Unsicherheit, der sich ändernden politischen Prioritäten, die in einigen Bereichen zu einer geringeren Dynamik in der Klimatechnologie führen, und der noch ausstehenden Klarheit über unser nächstes Werk in den USA, passt Climeworks seinen Geschäftsplan proaktiv an, um zukunftsorientiert zu bleiben“, heißt es in einem Schreiben der Gründer und Geschäftsführer Christoph Gebald und Jan Wurzbacher.
Und weiter: „Um sicherzustellen, dass Climeworks den heutigen globalen Herausforderungen standhält und in der Lage ist, eine Zukunft im Gigatonnen-Maßstab anzustreben, planen wir eine Verkleinerung unseres Teams. Als das am besten finanzierte Scale-up-Unternehmen in der Branche sind wir dankbar für das Vertrauen unserer Investoren, aber wir müssen darauf achten, dass unsere Finanzierung mit Sorgfalt verwaltet wird.“ Zugleich wolle man das Produktprotfolio diversifizieren, um Kunden am Markt besser ansprechen zu können.
Expansionspläne in den USA auf Eis
Climeworks hat bisher insgesamt 810 Millionen US-Dollar Finanzierung eingesammelt. Doch zuletzt stockte der Ausbau. Die geplante Expansion nach Louisiana in den USA liegt derzeit auf Eis. Das Projekt sah ursprünglich die Schaffung von 469 Arbeitsplätzen vor und hatte bereits eine Zusage des US-Department of Energy über 500 Millionen US-Dollar erhalten. Der Baubeginn war für 2026 geplant.
Nach dem politischen Wechsel in den USA fehlen Wurzbacher zufolge nun teilweise die Ansprechpartner in den US-Behörden, „um den weiteren Projektablauf kurzfristig klären zu können“. Allerdings sei nicht bekannt, dass das Projekt definitiv gestoppt würde.
Technische Schwierigkeiten in Island
In Island betreibt Climeworks zwei Anlagen: „Orca“ seit 2021 und „Mammoth“ seit 2024. Laut dem isländischen Investigativjournalisten Bjartmar Alexandersson bleiben die tatsächlichen Leistungen dieser Anlagen weit hinter den Erwartungen zurück. So sollte „Mammoth“ jährlich über 36.000 Tonnen CO₂ einfangen können, im ersten Betriebsjahr seien es jedoch nur etwa 105 Tonnen gewesen.
Climeworks bestätigt diese Probleme grundsätzlich. Wurzbacher verweist auf Herausforderungen beim Übergang vom Labor zum realen Betrieb, wie etwa gefrierende Mechanismen durch Eis und Schnee in Island. Das Unternehmen betont zudem, dass in „Mammoth“ erst ein Teil der geplanten Maschinen installiert sei.
Der Beitrag ClimeTech-Unicorn Climeworks steht vor Massenkündigungen erschien zuerst auf Trending Topics.
Tamedia-Chef Pietro Supino zu Infosperber: «Ein guter Punkt»
Pietro Supino, Verleger von Tamedia und Präsident der TX-Group, hat am 15. Mai in seinen Zeitungen seine Forderungen zur Medienpolitik verbreiten lassen: «Für eine zukunftsgerichtete Medienlandschaft» müsse sich die SRG in ihrem Online-Angebot einschränken, der Staat dürfe Medien nicht direkt subventionieren, Werbeeinschränkungen im öffentlichen Raum oder für bestimmte Produkte sollten aufgehoben werden und es brauche ein zusätzliches Gesetz, damit Social-Media-Plattformen Inhalte von Tamedia nicht mehr kostenlos zitieren dürfen.
Vorab fiel auf, dass sogar Verleger Supino nicht von «Social Media» schrieb, sondern von «sozialen Medien». Offensichtlich sind für ihn Medien wie «X», «TikTok», «Instagram» oder «Facebook» soziale Einrichtungen (siehe Infosperber «Für viele Medien sind Social Media immer noch ‹sozial›!»).
Doch es gab Relevanteres, das Infosperber zu seinen Forderungen interessierte, die Supino auf zwei ganzen Zeitungsseiten darlegte. Im Folgenden unsere Fragen an ihn und seine Antworten:
Sehr geehrter Herr Supino
Mit Interesse haben wir Ihr Plädoyer für eine aufgeklärte Medienpolitik gelesen.
Unsere Redaktion ist dankbar, dass Sie beanstanden, dass der investigative Journalismus im Finanzbereich eingeschränkt wurde, und dass Publikationsverbote jetzt leichter durchgesetzt werden können. Sie hätten zudem dafür einstehen können, dass die Medien nicht mehr dem UWG unterstellt werden – eine einmalige Einschränkung in der westlichen Medienwelt.
Zu Ihrem Plädoyer hätten wir folgende Fragen:
1) An verschiedenen Stellen sehen Sie die Medienfreiheit vom Staat bedroht, Sie begrüssen die Kontrollfunktion der Medien «gegenüber Institutionen, Organisationen und Menschen» und zitieren, dass sich «Regierungsmitglieder besser benehmen, wenn sie wissen, dass ein Journalist sie beobachtet».
Wir machen die Erfahrung, dass in erster Linie private Unternehmen, Konzerne und Lobbys die journalistische Unabhängigkeit einschränken. Diese drohen mit Klagen, klagen tatsächlich und können wirtschaftlichen Druck auf Redaktionen und Verlage ausüben. Staatliche Stellen dagegen drohen weder mit Klagen noch reichen sie solche ein. Staatliche Institutionen können auch keinen wirtschaftlichen Druck ausüben.
Warum haben Sie die Abhängigkeit und den Druck von der Wirtschaft nicht stärker angesprochen?
Antwort von Pietro Supino:
«Das ist ein guter Punkt.»
2) Früher finanzierte Ihr Verlag die Zeitungen mit Einnahmen aus den umfangreichen Stelleninseraten sowie aus Kleinanzeigen für Immobilien und Fahrzeuge. Diese Anzeigen haben die gedruckten Zeitungen weitgehend verloren, jedoch nicht der Verlag. Die TX-Group, zu der Tamedia gehört, ist an praktisch allen führenden Schweizer Online-Plattformen für Stellen, Immobilien, Fahrzeugen und Kleinanzeigen massgeblich beteiligt (jobs.ch, jobup.ch, JobScout.ch, Homegate, ImmoScout24, Flatfox, AutoScout24, MotoScout24, tutti.ch, anibis.ch, Ricardo).
Deshalb die Frage: Warum nutzt die TX-Group die grossen Einnahmen aus diesem Anzeigengeschäft nicht wie früher direkt für die gedruckten Zeitungen und deren digitalen Auftritte?
Antwort von Pietro Supino:
«Vergleichen Sie meine Ausführungen unter dem Zwischentitel ‹Medien bedürfen gesellschaftlicher und unternehmerischer Investitionen›.»
Eine konkrete Antwort auf die gestellte Frage ist darin allerdings nicht zu finden. Es heisst dort u.a.:
«Jede unternehmerische Aktivität muss sich langfristig selbst tragen können. Wegen der inhaltlichen Unabhängigkeit ist das für journalistische Angebote besonders wichtig. Die Investitionen müssen sich nach den Präferenzen und der Zahlungsbereitschaft der Kundschaft richten. Wenn sich die Nutzung auf neue Plattformen verschiebt, muss dort investiert werden. Die Forderung, dass der damit erzielte Gewinn zur Querfinanzierung rückläufiger oder gar unrentabler Aktivitäten eingesetzt werden sollte, ist nicht überzeugend. Es wäre eine Demotivation für die neuen Aktivitäten und das beste Rezept, um am Ende alle zusammen zu schwächen. Kein Geld auf der Welt kann den Medienwandel auf Dauer aufhalten.»
Kommentar: Die Gewinne aus den oben genannten kommerziellen Online-Plattformen – es sind die profitabelsten Bereiche der TX Group – fliessen zu einem viel zu geringen Teil in die Printmedien und deren neue Online-Plattformen.
3) Sie schreiben, globale mächtige Plattformen würden journalistische Inhalte von nationalen und regionalen Zeitungen «übernehmen». Das weckt den Eindruck, dass Inhalte über das rechtlich zulässig Zitatrecht hinaus übernommen werden. Welche Plattformen sind es denn, welche geltende Nutzungsrechte verletzen, ohne dafür zu bezahlen?
Antwort von Pietro Supino:
«Dazu kann ihnen die Direktorin des VerlegerverbandsSchweizer Medien, Pia Guggenbühl weitergehende Informationen zukommen lassen.»
Sobald wir eine Antwort vom Verlegerverband haben, werden wir an dieser Stelle informieren.
4) Wir gehen davon aus, dass Sie für Ihren «Plädoyer»-Artikel nur die inhaltliche Stossrichtung mit Ihren Forderungen angegeben und den Artikel nicht selber verfasst haben. Warum gaben Sie die Co-Autorinnen oder Co-Autoren nicht an, wie das bei redaktionellen Artikeln üblich ist?
Antwort von Pietro Supino:
«Ihre Annahme ist unzutreffend.»
Weiterführende Informationen
- Infosperber: Tamedia-Zeitungen als Sprachrohr von Bund und FDP
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Drei neue Köpfe im Vorstand
Recherche-Netzwerk präsentiert kreative Formate
«Es zählt, wie wichtig die Geschichte für die Menschen ist.»
Edward Snowden schaut die Journalisten in einem Hotelzimmer in Moskau im Juni 2018 fragend an und sagt: «Diese liberalen, offenen Gesellschaften, die wir geerbt haben, sind nicht garantiert. Sie existieren nur dank der kollektiven Bemühungen vieler Menschen. Uns stehen dunklere Zeiten bevor. Ich glaube, das sehen und fühlen wir alle. Die Dinge verändern sich.»
Zwei der drei Journalisten im Raum sind Frederik Obermaier und Bastian Obermayer. Damals waren sie als Investigativ-Reporter der «Süddeutschen Zeitung» unterwegs. Heute führen die beiden gemeinsam ein Recherche-Büro.
Die Szene mit Edward Snowden zeigt der Film «Hinter den Schlagzeilen». Dafür begleitete Dokfilmer Daniel Sager die beiden Journalisten in den Jahren 2017 bis 2019. Der Film ist noch bis 2. August in der SRF-Mediathek zu sehen.
Der Film zeigt, wie anspruchsvoll die Arbeit von Investigativ-Journalisten ist – und wie international. So beleuchtet er die unterschiedlichen Auswirkungen der Panama-Papers-Recherche, welche durch die beiden deutschen Investigativ-Journalisten angestossen wurde. Während der Dreharbeiten wird die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia ermordet. Galizia arbeitete im Rahmen der Recherche mit den beiden zusammen. Bastian Obermayer reist deshalb nach Malta, um bei der Aufklärung der Tat mitzuhelfen. Wenige Monate später, im Februar 2018, wird ein weiterer Journalist ermordet, der an den Panama-Papers mitarbeitete: der Slowake Ján Kuciak.
Nähe gegen Vertrauensverlust
Die Herabstufung von Journalisten als Lügner, auch in Deutschland, mache ihm Sorgen, so Obermayer im Film. «Man kommt da ganz schnell in Sphären, in die wir nicht wollen. Und in denen andere Länder schon sind.»
Jeder Journalist weiss: Transparenz dient als Mittel gegen den Vertrauensverlust. Dies kann erklären, weshalb die Reporter den Filmer Sager ganz nah ranlassen.
Die Einblicke, die Sager erhält, sind denn auch bemerkenswert. So begleitet er die Journalisten bei den Arbeiten rund um die sogenannte Ibiza-Affäre, welche zum Rücktritt des damaligen österreichischen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache führte. Zusammen mit einem Parteikollegen hatte der FPÖ-Politiker vor den Nationalratswahlen 2017 auf Ibiza eine vermeintliche Nichte eines russischen Oligarchen getroffen. Diese bot ihm unter anderem an, die Kronen-Zeitung zu kaufen und auf FPÖ-Kurs zu trimmen. Strache diskutierte offen darüber und bot im Gegenzug unter anderem an, Bauaufträge der öffentlichen Hand einer von ihr kontrollierten Firma zuzuschanzen. Bei einem Wahlsieg der FPÖ könne man «über alles reden».
Was tun mit anonym zugespielten Videos?
Besonders interessant ist, wie die Journalisten mit dem Videomaterial umgehen. Es ist nämlich sehr heikel, handelte es sich bei der russischen Nichte doch um einen Lockvogel – und wer hinter den Aufnahmen steckt, bleibt unklar. Auch deshalb fragt Obermayer anlässlich eines Treffens mit Kollegen des «Spiegel»: «Kann es sein, dass uns jemand eine Falle stellt, hier?»
Es steht viel auf dem Spiel. Dies zeigt auch ein Treffen mit einem Anwalt, in dem die Journalisten diskutieren, inwiefern das öffentliche Interesse an dem Videomaterial dessen klandestine Herstellung übertrifft. Drei Jahre Haft könnten drohen. Die Entscheidung, das Treffen öffentlich zu machen, fällt ihnen nicht leicht.
Konfrontieren, präzisieren, publizieren
Sehenswert ist deshalb insbesondere, wie die Journalisten Strache und seinen Kollegen vorwarnen und mit ihren Recherchen konfrontieren. Wie werden sie reagieren? Sagers Kamera ist im Raum, als die Journalisten ihre Fragen abschicken, als Straches Mediensprecher anruft und als die schriftlichen Antworten eintreffen.
Dabei wird klar: Strache und Co. wollen auch insbesondere herausfinden, was die Journalisten wissen und auch beweisen können. Dieser Austausch ist sehr wichtig, denn er zwingt die Journalisten zu präziser Arbeit. Obermeier sagt denn auch vor der Publikation: «Was wir hier recherchieren und zu veröffentlichen planen, kann das Leben von den Leuten schon verändern. Und da will man sich natürlich hundert Prozent sicher sein. Da gibt’s immer noch was, was man nachschauen oder überprüfen will.»
Dazu gehört auch eine umfangreiche Prüfung eines Video-Forensikers, der bestätigt, dass es sich beim zugespielten Video-Material nicht um eine Fälschung handelt.
Die Veröffentlichung des Materials führte darauf zum Rücktritt Straches und zu einem Misstrauensvotum gegen den damaligen Kanzler Sebastian Kurz. Strache reichte später eine Strafanzeige gegen die Journalisten ein. Diese wurde jedoch abgewiesen, weil das öffentliche Interesse überwiege. Als Macher des Videos wurde später der österreichische Privatdetektiv Julian Hessenthaler identifiziert.
Schweizer Angriff auf den Quellenschutz
Und doch spüren die beiden Journalisten die dunkleren Zeiten, welche Snowden meinte, auch selber. Derzeit müssen sie nämlich einen Bogen um die Schweiz machen. Unter anderem weil sie dank Material eines Whistleblowers über Credit-Suisse-Kunden oder jüngst die Bank Reyl berichteten.
«Wenn Journalisten Daten aus einer Bankgeheimnisverletzung veröffentlichen, gehen sie heute ein grosses Risiko ein, dass eine Staatsanwaltschaft gegen sie Ermittlungen aufnehmen wird», sagt David Zollinger, Strafrechtsexperte und ein langjähriges Mitglied in der Aufsicht der Bundesanwaltschaft gegenüber dem Tages-Anzeiger. «Dabei spielt es keine Rolle, wer die Kunden sind, ob die Kunden im Umfeld von Autokraten sind oder ob ein Alt-Bundesrat im Verwaltungsrat der Bank sass.»
Eine Festnahme sei zwar nicht wahrscheinlich. Dass Journalisten einvernommen werden könnten, jedoch sehr wohl. Frederik Obermaier sagte dazu dem Tages-Anzeiger: «Genau dieses Risiko möchte ich gar nicht erst eingehen. Der Quellenschutz ist mir heilig», sagt Obermaier. «Ich will nicht, dass eine Quelle fälschlicherweise den Eindruck gewinnt, ich würde mit Behörden über sie sprechen.»
Sein Kollege Bastian Obermayer sagt zu Beginn des Films: «Es gibt viele Whistleblower, die aus niedrigen Motiven gearbeitet haben. Aber es zählt, wie wichtig die Geschichte für die Menschen ist. Wenn die Geschichte am Ende wichtiger ist als das Drumherum, muss man sie machen.»
Weiterführende Informationen
- Artikel über Daniel Sagers Relotius-Doku: Fall Relotius: «Lasst uns das hier im Haus machen», Infosperber, 9. Juni 2023
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Wie neugierige Wissenschaftler mundtot gemacht werden
Red. – Maryanne Demasi ist eine australische Investigativjournalistin, die für Online-Medien und hochrangige medizinische Fachzeitschriften schreibt. Über ein Jahrzehnt arbeitete sie als TV-Moderatorin für die Australian Broadcasting Corporation. Den folgenden Beitrag veröffentlichte Demasi in ihrem «Substack»-Blog «Maryanne Demasi, reports». Übersetzung und Zwischentitel von Josef Estermann.
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Als wissenschaftliche Autorin und Forscherin habe ich den Niedergang der medizinischen Fachzeitschriften aus erster Hand miterlebt. Einst waren sie Foren für offene Debatten und intellektuelle Strenge, heute sind sie zu Aufpassern geworden, denen es mehr um die Wahrung einer engen Orthodoxie als um die Suche nach der Wahrheit geht.
In einem früheren Artikel habe ich aufgedeckt, wie Fachzeitschriften unbequeme Fragen unterdrücken, Studien verhindern, welche die vorherrschenden Narrative in Frage stellen, und mit einem Peer-Review-System [Gutachter-System – Red.] arbeiten, das durch Voreingenommenheit und externen Einfluss verzerrt ist.
Absurd: die Rücknahme einer Hypothese
Aber noch nie habe ich ein absurderes Beispiel für diesen Verfall gesehen als die Rücknahme einer Hypothese – ja, einer Hypothese! –, die von Dr. Sabine Hazan1 in der Fachzeitschrift «Frontiers in Microbiology» veröffentlicht wurde.
In ihrem Artikel aus dem Jahr 2022 stellte sie die Hypothese auf, dass Ivermectin den Schweregrad von Covid-19 lindern könnte, indem es das Wachstum von Bifidobakterien fördert, was die Entzündung über die Darm-Lungen-Achse bremst.
Sie führte vorläufige Beobachtungen bei 24 Patientinnen und Patienten an, die unter Sauerstoffmangel litten und sich nach einer Kombinationstherapie mit Ivermectin ohne Spitalaufenthalt erholten.
Sie erhob keinen Anspruch auf einen endgültigen Beweis. Stattdessen schlug sie einen Mechanismus vor, der untersucht werden sollte. Das ist der Sinn einer wissenschaftlichen Hypothese.
Doch im Mai 2023 – über ein Jahr, nachdem der Artikel von Fachkolleginnen und Fachkollegen geprüft und veröffentlicht worden war – zog die Zeitschrift die Arbeit nach einer Reihe von Beschwerden auf PubPeer zurück und gab nur eine vage Erklärung zur «wissenschaftlichen Fundiertheit» ab. [PubPeer ist eine US-Website, auf der wissenschaftliche Publikationen diskutiert werden. Nutzer können dort auf Fehler hinweisen. – Red.]
Eisernes Schweigen auf Nachfragen
Auf der Suche nach Klarheit wandte ich mich sowohl an die Redaktion der Zeitschrift als auch an den Redaktor, der die Arbeit bearbeitet hatte, Professor Mohammad Alikhani von der Hamadan-Universität. Ich bat insbesondere um eine Erklärung für den Rückzug einer «Hypothese», erhielt aber keine Antwort. Dieses Schweigen ist bezeichnend.
Eine solche Rücknahme ist ein ernsthafter Schritt, der traditionell Fällen von Betrug oder eindeutigem ethischem Fehlverhalten vorbehalten ist. Aber hier wurde keine derartige Behauptung aufgestellt – und es konnte auch keine begründet werden.
Verstoss gegen die publizistische Ethik
Die Zeitschrift löschte die Arbeit einfach, ohne eine transparente Begründung zu liefern, ohne sich mit dem wissenschaftlichen Prozess auseinanderzusetzen und ohne Rechenschaft abzulegen. In Tat und Wahrheit wurde gegen die Richtlinien verstossen, die Zeitschriften eigentlich befolgen sollten.
Das «Committee on Publication Ethics» (COPE; von Fachzeitschriften-Herausgebern gegründetes Komitee zur Publikationsethik – Red.) rät, dass Veröffentlichungen nur dann zurückgezogen werden sollten, wenn sie ernsthaft fehlerhafte oder gefälschte Daten oder Plagiate enthalten, die nicht durch eine Korrektur behoben werden können.
Hazans Arbeit war hinsichtlich ihres spekulativen Charakters transparent. In einem Tweet vom Januar 2023 forderte Hazan ihre Kritiker heraus. «Es handelt sich um eine Hypothese. BEWEIST MIR, DASS ICH FALSCH LIEGE», schrieb sie. Das sei schliesslich das Wesen der Wissenschaft. Doch die Entscheidung der Zeitschrift, die Arbeit zurückzuziehen, ist ein Zeichen dafür, dass selbst wissenschaftliche Hypothesen nicht mehr toleriert werden.
Hexenjagd gegen eine missliebige Wissenschafterin
Nachdem Hazans Kritiker Blut geleckt hatten, wühlten sie weiter. Im Januar 2025 zog die Zeitschrift «Future Microbiology» eine weitere ihrer Studien zurück, in der sie eine auf Ivermectin basierende Kombinationstherapie untersuchte.
Hazan, ihr Mitautor, der australische Immunologe Dr. Robert L. Clancy, und andere kritisierten die Entscheidung vehement, nachdem die Zeitschrift es versäumt hatte, eine aussagekräftige Untersuchung durchzuführen.
Die Ironie ist unübersehbar. Während sich Expertinnen und Experten über die Wirksamkeit von Ivermectin während der Pandemie stritten, war Hazan eine der wenigen, die harte Arbeit leisteten, um die Wirkung des Mittels zu testen – sie sammelte Daten, schlug Mechanismen vor und beschäftigte sich mit der Wissenschaft. Und doch ist sie diejenige, die zum Schweigen gebracht wird! Da stellt sich die Frage: Warum?
Gibt es Berufsneid auf dem Gebiet der Mikrobiom-Forschung? Üben Pharmaunternehmen, die von kostengünstigen Alternativen wie Ivermectin bedroht werden, Druck auf die Fachzeitschriften aus, um konkurrierende Darstellungen zu unterbinden?
Wenn ja, sollte die Securities and Exchange Commission (SEC) [US-Börsenaufsichtsbehörde – Red.] ermitteln. Die Unterdrückung von Forschungsergebnissen, die sich auf die Entscheidungen von Anlegern auswirken könnten, indem der wahrgenommene Wert von antiviralen Medikamenten oder Impfstoffen aufgebläht wird, könnte auf Wertpapierbetrug hinauslaufen.
Wissenschaftliche Fachzeitschriften kapitulieren
Es gibt zwar keine eindeutigen Beweise, aber das Muster ist schwer zu übersehen: zwei Rücknahmen, kein eindeutiges Fehlverhalten und eine wachsende Kampagne zur Diskreditierung einer Wissenschaftlerin, deren Arbeit einen profitablen Status quo in Frage stellt. Ob koordiniert oder nicht, das Ergebnis ist das gleiche – die Löschung unbequemer Daten.
Die Rückgratlosigkeit der Fachzeitschriften in diesen Fällen ist unverkennbar. Warum kapitulieren sie so bereitwillig? Folgen sie einfach dem Geld?
Viele Zeitschriften sind finanziell mit der Pharmaindustrie verflochten – sie sind auf Arzneimittelwerbung, Sponsoring und gewinnbringende Nachdruckverkäufe angewiesen. Diese finanzielle Verflechtung beeinträchtigt die redaktionelle Unabhängigkeit.
Redaktoren, oft unterbezahlt und überlastet, sind verständlicherweise risikoscheu. Sie fürchten Rechtsstreitigkeiten. Sie fürchten die Empörung in den Social Media. Sie fürchten, zur nächsten Zielscheibe gemacht zu werden.
Die Pharmaindustrie macht Druck auf die Wissenschaft
Pharmaunternehmen zögern indes nicht, rechtliche Drohungen einzusetzen, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen, denn sie haben für solche Fälle ein grosses Budget – wie im Fall von Covaxin.
Im Juli 2024 verklagte die indische Pharmafirma «Bharat Biotech International Limited» elf Autorinnen und Autoren – sechs von ihnen Studierende – und den Herausgeber von «Drug Safety», Nitin Joshi, wegen eines von Experten begutachteten Artikels, in dem die Sicherheit ihres Impfstoffs Covaxin in Frage gestellt wurde. Die Fachzeitschrift zog den Artikel unter juristischem Zwang zurück. Die Autorinnen und Autoren wurden sich selbst überlassen.
Zeitschriften gehorchen immer mehr der Einheitsdoktrin
Zeitschriften sollten eigentlich für ihre Prinzipien einstehen. Doch zunehmend dienen sie als Vollstrecker der Orthodoxie – anfällig für finanziellen Druck und Druck seitens Online-Aktivistinnen und Aktivisten.
Seien wir ehrlich, die Trolle sind Teil der Strategie. Anonyme Beschwerden, oft von Personen ohne Fachwissen, werden als Waffe eingesetzt, um Rückzüge auszulösen und den Ruf zu schädigen. Das ist kein Peer-Review. Das ist die Herrschaft des Pöbels.
Die SEC muss dieses Ökosystem genauer unter die Lupe nehmen. Wenn Forschung unterdrückt wird, um Unternehmenseinnahmen zu schützen oder das Vertrauen der Anleger zu manipulieren, ist das nicht nur unethisch, sondern illegal.
Jetzt wäre die Politik gefragt
Während seiner Präsidentschaftskampagne sprach Robert F. Kennedy jr. genau dieses Problem an und erklärte, dass Zeitschriften, die mit Pharmaunternehmen zusammenarbeiten, nach dem RICO-Gesetz (Racketeer Influenced and Corrupt Organizations; US-Bundesgesetz, das vor Handlungen im Rahmen von organisierter Kriminalität schützen soll – Red.) angeklagt werden könnten.
«Wir werden … ein paar Prozesse wegen organisierter Kriminalität anstrengen, wenn Sie nicht anfangen, in Ihren Zeitschriften die Wahrheit zu sagen», warnte er 2023. Das war provokant, ja – aber es traf den Nerv derjenigen von uns, die beobachten, wie die Maschinerie der Wissenschaft ihren Auftrag verrät.
Rückzüge von Fachartikeln werden inzwischen so beiläufig durchgeführt, dass sie jede Bedeutung verloren haben. Was einst ein Zeichen für schwerwiegenden Betrug war, ist heute ein Instrument des Reputationsmanagements.
Artikel werden zurückgezogen, weil sie unbequem sind
Heute werden viele Arbeiten zurückgezogen, nicht weil sie falsch sind, sondern weil sie unbequem sind. Wie sonst lassen sich die nachweislich betrügerischen, von der Industrie finanzierten Studien erklären, die weiterhin veröffentlicht werden?
Der Whistleblower Dr. Peter Wilmshurst hat jahrelang versucht, die in «Circulation» [Fachzeitschrift der US-amerikanischen Herz-Vereinigung–Red.] veröffentlichte «Mist»-Studie2 zurückziehen zu lassen. Sie ist durchsetzt von falschen Behauptungen, nicht deklarierten Konflikten und nicht gemeldeten unerwünschten Ereignissen, doch die Zeitschrift schützt sie weiterhin.
Dies entlarvt die Fäulnis der ganzen Sache. Diese Entscheidungen haben nichts mit Wissenschaft zu tun. Sie sind ein politisches, finanzielles und rufschädigendes Instrument, das selektiv eingesetzt wird, um Andersdenkende zu bestrafen.
Die Liste der Forscherinnen und Forscher, die bestraft werden, wächst – nicht wegen schlechter Wissenschaft, sondern weil sie unbequeme Wahrheiten erforscht haben.
Fachzeitschriften sollten ihre kritische Funktion zurückgewinnen
Zeitschriften müssen ihre Rolle als Plattformen für eine solide wissenschaftliche Debatte zurückgewinnen. «COPE» muss seine Standards durchsetzen, anstatt sie nur zu zitieren. Redaktorinnen und Redaktoren müssen für halbherzige oder vergeltende Rückzüge zur Verantwortung gezogen werden. Und wenn die Unterdrückung der Forschung durch Unternehmen die öffentlichen Märkte verzerrt, dann muss die SEC handeln.
Denn was ich hier beobachte, ist keine wissenschaftliche Neugier, sondern eine Kontrolle des Narrativs. Und der Tod der Neugierde ist der Tod der Wissenschaft selbst.
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1 In einer früheren Fassung des Artikels stand hier, dass Dr. Sabine Hazan Magen-Darm-Spezialistin an der Universität von Florida (USA) sei. Korrekt ist, dass sie nun für die von ihr gegründete Firma Progenabiom arbeitet.
2 In der als «Mist» abgekürzten Studie sollte gezeigt werden, dass der mechanische Verschluss eines angeborenen Lochs in der Wand zwischen den Herzvorhöfen bei Patienten mit Migräne zur Beschwerdefreiheit führt.
Weiterführende Informationen
- Infosperber vom 23.10.2024. «Zensurvorwürfe in der Genderforschung»
- Infosperber vom 28.9.2021: «Regierungsbehörden wollten Studien blockieren oder ‹frisieren›»
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Abzocke beim Goldhändler: So tricksen Clans ihre Kunden aus

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Undercover beim Goldhändler – So wirst du abgezockt | Impact Investigativ | SRF
SRF Investigativ recherchiert im Milieu der fliegenden Goldhändler und wird bedroht.
👉 Nachtrag: Nach Redaktionsschluss beantwortete die Firma «Pelz & Edelmetall Ankauf Temetra» aus Olten doch noch unsere Fragen. Sie betonen unter anderem, dass der Kunde jederzeit nach dem genauen Gewicht fragen könne und der Feingoldanteil lediglich eine Schätzung gewesen sei. Zur Preisangabe schreibt die Firma: «Es ist eine Verhandlungsbasis und kein definitiver Preis».
👉 Zum News-Artikel: https://www.srf.ch/news/schweiz/undercover-recherche-abzocke-beim-goldhaendler-so-tricksen-clans-ihre-kunden-aus
Darum geht’s in der Reportage:
00:00 Intro
01:08 Wir besorgen uns Gold! 👑
03:46 #1 🔴 Versteckte Aufnahmen: Miese Tricks beim Goldhändler
09:00 Hinter der Abzocke stecken Familienclans
10:57 Pelz? Geige? Lieber Goldschmuck!
12:49 So verschleiern Händler ihre Identität
13:53 #2 🔴 Versteckte Aufnahmen: Bedroht und angegriffen
19:54 Wie handelt der Bund?
23:49 Ein Profi analysiert die Tricks
24:55 Wrap-up
▪️ Redaktion SRF Impact Investigativ: Philippe Odermatt, Simone Rau, Sonja Mühlemann
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▪️ Schnitt: Michael Bolliger, Jonas Ricklin
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Im Auftrag von ©2025 SRF
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Abzocke beim Goldhändler: So tricksen Clans ihre Kunden aus

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Geplatzter Haustraum – Von der Bank im Stich gelassen? | Impact Investigativ | SRF
Die Berner Kantonalbank (BEKB) vergab in Roggwil die meisten Hypotheken, nämlich acht von elf. Hat sie zu lange weggeschaut? Unsere Recherchen zeigen: Die BEKB spielte im Projekt eine spezielle Rolle. Bauherren sagen, die Bank hätte ihre Sorgen nicht ernst genommen. Und: Zwischen dem Unternehmer, der die Häuser versprochen hat, und einem Kadermitarbeiter der BEKB gab es eine jahrelange Geschäftsbeziehung. Auf unser Nachfragen gibt die Berner Kantonalbank jetzt zu: Ja, wir haben Fehler gemacht.
Darum geht’s in der Reportage:
00:00 Intro
02:10 Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmer und Berner Kantonalbank 🤝
03:40 👉 Stellungnahme Berner Kantonalbank #1
04:38 Bauherren von Bank vertröstet
06:42 Sorgen der Bauherren – Hätte die Bank reagieren müssen?
07:13 👉 Stellungnahme Berner Kantonalbank #2
07:36 Sorgfaltspflicht verletzt?
08:35 👉 Stellungnahme Berner Kantonalbank #3
09:05 ... wie weiter?
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Trump-Lobbying: Nun ist die Schweiz im Sumpf Washingtons
Die Schweiz bezahlt eine Lobbyingagentur für den Zugang zu Trumps Beamten. Dies lässt sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bis zu einer halben Million Franken kosten. Blick und Tamedia-Zeitungen berichteten darüber. Der Blick bezeichnete die Agentur «Akin Gump Strauss Hauer & Feld» als «professionelle Türöffner».
«Die beauftragte spezialisierte amerikanische Anwaltskanzlei unterstützt die Schweiz bei den KI-Chips», heisst es gemäss Tamedia-Bericht vom Seco. Ob die Agentur die Schweiz auch bei den Strafzöllen unterstützt, wollte das Seco nicht sagen. In den Vertragsbestimmungen heisst es gemäss Tamedia, dass das Seco bei Beratungen «in Bezug auf Zölle oder andere handelsbezogene Fragen» 20 Prozent Rabatt auf die geltenden Stundenansätze der Agentur erhalte.
Trumps Ankündigung und Pausierung von Strafzöllen hat lautstarke Warnungen vor Korruption hervorgerufen. Seine Offenheit für einzelne Abkommen und Ausnahmen öffne Tür und Tor für Korruption, so der Tenor.
Trump wiederholt «korruptes Spiel» im grossen Stil
Das Investigativmedium «The Lever» nannte Trumps Vorgehen «tariff corruption game» – «Zollkorruptionsspiel» – und wies darauf hin, dass Trump in seiner ersten Amtszeit ähnlich handelte – allerdings in viel kleinerem Rahmen. Auch damals verhängte Trump in einzelnen Branchen Strafzölle und gewährte Ausnahmen.
Doch über die Verhandlungen zwischen Trumps Regierung und den Branchen- und Firmenvertretungen aus der Stahl- und Aluminiumindustrie gab es keinerlei Transparenz. Dies zeigte 2019 ein kritischer Bericht einer Aufsichtsbehörde im Handelsdepartement. 2021 bestätigte ein weiterer Bericht das intransparente Vorgehen.
Ein «Dark-Money-Bundler» mitten in einem Bestechungsskandal
Die Agentur, welche die Schweiz für derartige Ausnahmeverhandlungen beauftragt hat, ist erfahren in diesem Bereich. Einer ihrer Top-Berater agiert als sogenannter «Bundler» für Donald Trump. Als solcher bündelt und sammelt er Spenden für die politische Kampagne. Doch woher dieses Geld kommt, ist meist nicht bekannt.
Der Berater, heute noch in einer Top-Position innerhalb der Agentur, war gar in einen grossen Bestechungsskandal im Bundesstaat Ohio involviert. Gemäss dem US-Online-Medium «Sludge» war er an einem Treffen anwesend, an welchem einem Abgeordneten der Republikaner 400’000 Dollar bezahlt wurden. Damit sollte dieser eine Rettungsaktion über 1.3 Milliarden Dollar an Staatsgeldern für das Energieunternehmen «First Energy» veranlassen.
Für ihr Lobbying erhielt die Agentur «Akin Gump Strauss Hauer & Feld» insgesamt 68 Millionen Dollar von «First Energy». Der Berater wurde mit 675 Dollar pro Stunde entschädigt. Am Prozess weigerte sich der Berater, Fragen zum Treffen zu beantworten, weil die Antworten ihn möglicherweise hätten belasten können. Die Agentur betraute mehrere Anwälte und Berater mit der Unterstützung des Energieunternehmens. Einige von ihnen waren in Pläne involviert nach welchen «First Energy» über 40 Millionen Dollar an eine Fundraising-Gruppe für den Abgeordneten bezahlen sollte.
Der bestochene Abgeordnete, Larry Householder, war zum Zeitpunkt der Bestechung einer der mächtigsten Politiker des Bundesstaats Ohio. Er war Sprecher der Republikaner, welche im Rat die Mehrheit hatten. Householder wurde Ende Juni 2023 zu 20 Jahren Haft verurteilt.
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Journalists risk arrest in Switzerland
Weil Heroin knapp ist: Neue Opioide auch in Europa
Die Anzeichen mehren sich. Fachstellen beobachten in Europa seit Jahren einen leichten Rückgang beim Heroinkonsum und einen Anstieg synthetischer Opioide wie Fentanyl. In den USA ist Fentanyl an einem Grossteil der drogenbedingten Todesfälle beteiligt. In Europa gab es lange nur vereinzelte Funde.
Ist eine Opioid-Epidemie wie in den USA auch in Europa möglich? Dagegen spricht, dass es hier keine Historie massenhafter Verschreibung von Opioid-Schmerzmitteln gibt. Auch die Drogenpolitik und das Gesundheitssystem europäischer Länder unterscheiden sich von den USA. Das in Europa hauptsächlich konsumierte Heroin könnte aber durch synthetische Opioide wie Fentanyl und Nitazene ersetzt werden.
Der Mohn wird knapp – und damit auch das Heroin
Seit die Taliban-Regierung den Anbau von Schlafmohn in Afghanistan bekämpft, geht das Heroin-Angebot in Europa zurück. Die Droge wird knapper, teurer und häufiger gestreckt. «Im Jahr 2023 lag der Heroin-Reinheitsgehalt bei den niedrigsten Werten seit 2014», zitierte die «Tagesschau» kürzlich das deutsche Bundeskriminalamt. Ein Zeichen, dass die Lagermengen im Zwischenhandel schwinden.
Fentanyl-Funde in Deutschland im Januar
Was Fachleute seit Jahren befürchten, scheint einzutreffen: Heroin wird immer häufiger mit synthetischen Opioiden gestreckt. Im einschlägig bekannen Frankfurter Bahnhofsviertel wurde im Januar in zwei Dritteln der getesteten Heroinproben Fentanyl gefunden. Fentanyl ist 80- bis 100-mal stärker als Heroin und für Süchtige deshalb sehr gefährlich.
Grosse Besorgnis über gefährliche Nitazene
Besorgt sind die Behörden auch, weil zunehmend Nitazene (Benzimidazol-Opioide) als Streckmittel verwendet werden. Anders als bei Überdosen von Heroin und Fentanyl wirkt das Notfallmedikament Naloxon bei Nitazenen nur eingeschränkt. Naloxon kann einen Atemstillstand verhindern und ist bei Überdosen lebenswichtig.
In Europa sind bereits hunderte Menschen gestorben, bei deren Tod Nitazene eine Rolle spielten. 2023 wurden laut der Europäischen Drogenagentur (EUDA) 150 Todesfälle im Zusammenhang mit Nitazenen registriert, berichtet die «Tagesschau». Im Januar wurden Nitazene bei Tests in Bremen festgestellt.
Der «Spiegel» berichtete kürzlich über mehrere Todesfälle, die auf sogenannte «Forschungschemikalien» zurückgeführt werden. Dahinter stecken psychoaktive Drogen, die zum Teil in Onlineshops verkauft werden. Beteiligt seien auch Nitazene. In Deutschland ist die Anzahl der Drogentoten dabei so hoch wie nie. 2023 starben 2227 Menschen.
Auch die Schweiz wappnet sich
In der Schweiz wecken solche Zahlen beunruhigende Erinnerungen. Im Oktober 2024 warnte die Schweizerische Gesellschaft für Suchtmedizin (SSAM) vor einer «neuen Opioidwelle».Fachleute wie Marc Vogel, Chefarzt am Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel, befürchten, dass Fentanyl und Nitazene auch in der Schweiz auftauchen werden (SRF). Der Zürcher Stadtrat reagierte nach den ersten Fentanyl-Funden im Februar mit einem Massnahmenplan.
Verbreitung der neuen Drogenklasse unklar
Wie verbreitet Fentanyl und Nitazene tatsächlich sind, ist schwer zu sagen. Verlässliche Zahlen über den Konsum gibt es bisher nicht, weil nicht umfassend getestet wird.
Wie sich die Lage entwickelt, hängt von vielen Faktoren ab. Länder wie Myanmar oder Pakistan könnten ihre Heroinproduktion ausweiten und die Lücke füllen. Auch der Krieg in der Ukraine hat einen Einfluss: Heroin gelangt hauptsächlich über die Balkanroute sowie über grosse Seehäfen nach Europa. Der Krieg und die damit verbundenen Einschränkungen erschweren den Schmuggel.
USA: Im Drogenkampf übers Ziel hinaus
Internationale Politik spielt auch sonst eine Rolle. Die US-Regierung will härter gegen den Drogenhandel vorgehen. Ausgangsstoffe für synthetische Opioide werden zu einem grossen Teil in China hergestellt und von mexikanischen Drogenkartellen gehandelt – auch in Europa.
US-Präsident Donald Trump begründet mehrere drastische Massnahmen mit dem Kampf gegen die synthetischen Drogen. Darunter Zollerhöhungen gegenüber Mexiko und Kanada, Deportationen von Ausländern und verschärfte Einreisebedingungen.
Nach Medienberichten vom 18. März plant Trump, Fentanyl per Executive Order zur «Massenvernichtungswaffe» zu erklären – eine Idee, die bereits 2022 im US-Kongress diskutiert wurde. Das könnte der Regierung als Grundlage für rigorose Massnahmen dienen – auch für solche, die mit Drogenpolitik nur noch wenig zu tun haben.
Weiterführende Informationen
- Tagesschau am 14. März 2025: Beimischung in Drogen – Wenn das Heroin knapp wird
- Infosperber 2023: Suchtexperten warnen vor neuen Opioiden – Erste Tote in England
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Legalisierte Bestechung in den USA: «Watergate wäre ein Witz»
Zum Beispiel Pfizer: Am Ende von Joe Bidens Amtszeit liefen im US-Justizdepartement verschiedene Untersuchungen gegen den Pharma-Multi – eine davon wegen angeblicher Bestechung in China und Mexiko.
Doch Anfang Februar liess Bidens Nachfolger Donald Trump auf dem Verordnungsweg sämtliche Untersuchungen wegen Korruption im Ausland einstellen. Die Wettbewerbsfähigkeit von US-Firmen sei dadurch eingeschränkt.
Dies ist kein Einzelfall. Die neue US-Regierung hat zahlreiche Untersuchungen unterschiedlicher Ämter gegen Unternehmen eingestellt. Wie die auf Konsumentenrechte spezialisierte NGO «Public Citizen» schätzte, handelt es sich total um bereits über 100 Fälle – fast ein Viertel aller am Ende von Joe Bidens Amtszeit laufender Untersuchungen.
Einige der entlasteten Unternehmen haben Donald Trump viel Geld für seine Amtseinführungsfeier gespendet. 34 Unternehmen mit damals laufenden Untersuchungen gaben dem neuen Präsidenten zusammen 34 Millionen US-Dollar. Zu ihnen gehören neben Pfizer, das Trump eine Million bezahlt haben soll, auch die Tech-Unternehmen Meta (Facebook), Alphabet (Google), Amazon. Zudem sahen sich Elon Musks Unternehmen SpaceX oder die Krypto-Plattformen Coinbase und Robinhood mit Untersuchungen konfrontiert. Sie alle bezahlten Trump Geld zum Amtsantritt.
Bei dieser Feier existiert kein Spendenlimit. Dies bedeute ein deutliches Korruptionsrisiko, schrieb die NGO «Campaign Legal Center Mitte Januar. Schätzungen zufolge soll Trump für die Feierlichkeiten über 200 Millionen Dollar eingenommen haben – obschon der Grossteil der Ausgaben durchs Regierungsbudget gedeckt war. Schon nach Trumps erster Amtszeit wurde bekannt, dass er übertrieben viel von diesem Spendengeld für Feierlichkeiten im eigenen Hotel ausgegeben hatte.
Viel Geld – über 400 Millionen Dollar – erhielt Trump während seiner Wahlkampagne auch aus der Ölindustrie. Mitte März gab die US-Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency bekannt, dass ihr Forschungsdepartement stark dezimiert werden sollte. Über 1000 Stellen sollten demnach gestrichen werden.
Die New York Times schrieb dazu vorsichtig: Die Ergebnisse dieser Forschung tendieren dazu, strengere Vorschriften zu unterstützen, die vor giftigen Chemikalien, Luftverschmutzung, oder Klimawandel schützen sollen. Dies habe die Behörde zur Zielscheibe zahlreicher Industrien gemacht. Zudem hat Trump Top-Posten der eigentlichen Schutzbehörde mit ehemaligen Anwälten und Lobbyisten der Öl-, Gas- oder Chemieindustrie besetzt.
«Das Ausmass an Korruption vor unseren Augen ist so überwältigend, dass Watergate als Witz betrachtet würde, falls es heute stattfände.» Dies findet das in Denver beheimatete Investigativ-Medium «The Lever». Es hat sich auf Fehlverhalten von Unternehmen und eben Korruption spezialisiert.
Ein jahrzehntealter Plan
Die kleine Redaktion publizierte letztes Jahr eine aufsehenerregende Recherche verpackt in einer Podcast-Serie. Darin zeigten die Journalisten, wie die USA seit den 1970ern die Politikfinanzierung zusehends dereguliert hat. Sie konnte belegen, dass Unternehmensverbände, rechte Politiker und Richter einen jahrzehntelangen Plan ausheckten und umsetzten, um Bestechung und Korruption zu legalisieren.
Der Plan beginnt mit einem Manifest eines Tabakindustrie-Anwalts. Im Jahr 1971, als die USA die Krankenversicherungen Medicare und Medicaid sowie Umweltschutzgesetze und Programme zur Armutsbekämpfung eingesetzt hatten, forderte Lewis Powell eine Umkehr.
Darin forderte er Grossunternehmen und Milliardäre auf, mit ihren immensen Mitteln mehr Einfluss in der Regierung zu nehmen. Diese habe zu stark auf Druck aus der Öffentlichkeit reagiert. Powell, der später zum Supreme-Court-Richter gewählt werden sollte, schlug konkrete gesetzliche Massnahmen vor. Gemäss Lever-Journalist David Sirota eine der wichtigsten: Die Deregulierung der Kampagnenfinanzierung, die damals vergleichsweise strengen Regeln unterlag.

Sirota konnte in der Grossrecherche aufdecken, dass die Planer viel einflussreicher waren als bisher angenommen. Er schreibt: «Sie merkten, dass sie in einer normal funktionierenden Demokratie niemals die Kontrolle über das politische System erlangen konnten, um ihre Agenda der Selbstbereicherung und Wohlstandskonzentration durchzusetzen. Sie wussten, dass es ihnen erlaubt sein musste, Wahlen, Gesetzgebung, Gerichtsurteile und die Politik zu kaufen.»
Über 50 Jahre später ist der Plan praktisch umgesetzt. Dies waren gemäss Lever-Recherche die entscheidenden Schritte:
- Das Parlament baute Schlupflöcher in die Kampagnenfinanzierungsgesetze, die nach dem Watergate-Skandal erlassen wurden. Im Rahmen der Aufarbeitung des Polit-Skandals war nämlich auch bekannt geworden, dass die US-Milchproduzenten dem Präsidenten Richard Nixon zwei Million Dollar für seine Wiederwahl-Kampagne bezahlten, damit dieser ihnen 100 Millionen Dollar Subventionen über die Festsetzung des Milchpreises beschaffen würde.
- Konservative Aktivisten strengten einen Leitentscheid des Supreme Courts an, in welchem dieser Geldspenden mit verfassungsgeschützter Meinungsäusserung gleichsetzte.
- 1978: Das oberste US-Gericht weitet diesen Schutz auch auf die Meinungsäusserungsfreiheit von Unternehmen aus. Damit können diese ganz legal viel Geld ausgeben, um Wahlen zu kaufen.
- Darauf folgten zahlreiche Fälle gezielter Einflussnahme von Unternehmen mit entsprechender Gesetzgebung und laxer Regulierung. Immer wieder machten auch Korruptionsfälle Schlagzeilen, etwa derjenige um den Energiekonzern Enron im Jahr 2001. «Es ging immer darum, Spender auf Kosten der Stimmbürger zu bereichern», schreibt Sirota.
- 2005: Besonders auf Initiative des republikanischen Senators John McCain hatte die USA die Gesetzgebung zur Kampagnenfinanzierung 2002 reformiert. Doch 2005 besetzte Präsident George W. Bush den Supreme Court mit den zwei erzkonservativen Richtern John Roberts und Samuel Alito. Dem vorausgegangen war eine Multi-Millionen-Kampagne derselben Akteure, die sich jahrzehntelang gegen eine starke Regulierung der Kampagnenfinanzierung eingesetzt hatten.
- 2010: In einem weiteren Leiturteil hob der neue Supreme Court das junge Kampagnenfinanzierungsgesetz wieder auf. Die Kläger hatten strategisch darauf abgezielt, dem Gericht einen Fall zu liefern, mit dem dies erreicht werden konnte. Das Resultat: Von nun an gab es keine Ausgabenlimiten mehr. Unternehmen konnten einzelnen politischen Kampagnen so viel Geld spenden wie sie wollten.
- Seither griffen dieselben Gruppen gezielt auch Anti-Korruptionsgesetze an und erreichten, dass auch Korruptionsfälle neu beurteilt wurden. Etwa derjenige von Bob McDonnell, einem ehemaligen Gouverneur des US-Bundesstaats Virginia. Er war 2014 verurteilt worden, weil er von einem Geschäftsmann Geschenke im Wert von über 175’000 Dollar erhalten hatte. Im Gegenzug organisierte er im Amt Treffen und Events für den Geschäftsmann, damit dieser ein tabakbasiertes Nahrungsergänzungsmittel promoten konnte. 2016 hob der Supreme Court das Urteil gegen McDonnell wieder auf.
Früher kriminelle Korruption – heute einfach so wie’s läuft
Die historische Aufarbeitung des Teams um David Sirota zeigt: Die Massstäbe haben sich auch für US-Verhältnisse gewaltig verschoben. Derzeit wird unter Trump offen zelebriert, was vor 50 Jahren als immenser Korruptionsskandal gegolten hätte. Bevor er wie eingangs erwähnt 400 Millionen Dollar von ihnen erhielt, hatte Trump vor einem Jahr von den Öl-Konzernen eine Milliarde Dollar an Spenden für seine Wahlkampagne gefordert. Im Gegenzug würde er für sie schädliche Klimaschutzmassnahmen stoppen. Trump soll gesagt haben: «Ihr bekommt das am ersten Tag». Und wie versprochen erliess der neue Präsident am ersten Amtstag zahlreiche Dekrete, um die Öl-Industrie zu fördern.
«Tiefe, systemische Korruption durchzieht heute die USA», sagt Investigativ-Journalist David Sirota im Podcast. Sie sei so gewöhnlich, dass man sich fragt, ob es sich dabei um Korruption handelt. Oder ob es nicht einfach doch so sei, wie die Dinge nun mal funktionieren.
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